Boot Safari Die Abreise aus dem Lake Manze Camp war uns nicht leicht gefallen. Das einfache, aber zweckmäßige Camp, bietet mit seinen wenigen im Bush verteilten Zelten für uns eine der schönsten und ursprünglichsten Unterkünfte die wir kennen. Selbst das letzte Foto aus dem Camp erinnert ein wenig an längst vergangene Safarizeiten.
Im Impala Camp wollten wir die letzten beiden Nächte im Bush verbringen. Erwartungen an besondere Wildbeobachtungen hatten wir keine mehr. Hier wollten wir unsere Erlebnisse relaxt ausklingen lassen, am Pool in der Sonne träumen und noch ein wenig entspannt den Rufiji River und sein Wildlife beobachten und erleben. Auf der Anfahrt an das Ufer des Rufiji Rivers, fuhren wir ein vorerst letztes Mal mit unseren bewährten Begleitern durch die Wildnis des Selous. Genossen noch einmal gemeinsam Zebras, Giraffen und anderes Wild neben dem Land Rover und verabschiedeten uns dann schweren Herzens von Ally und Bakari, ohne deren Wissen, Kontakte und Ortskenntnisse unser Abenteuer "Wild Dog" so nicht hätte stattfinden können.
Das direkt am Ufer des Rufiji liegende Impala Camp verfügt über 8 geräumige Zelte, mit Blick auf den Fluss. Im Zentrum des Camps befindet sich ein auf Stelzen errichteter, gemütlicher Lunch Bereich, eine gut sortierte Bushbar und sogar ein kleiner Pool. Alles in allem mehr als wir im Bush brauchten, aber dennoch eine willkommene Abwechslung, wenn man nur noch in der Wildnis entspannen wollte.
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![]() ![]() Wir bezogen ein großes, auf einer hölzernen Terrasse aufgebautes Safarizelt und arrangierten für den späten Nachmittag einen Motorboot Game Drive auf dem Rufiji River.
![]() Das Boot wurde von Moshi gesteuert und Andrew erwies sich als junger aber gut geschulter Guide, der ein fundiertes Wissen über Vögel und Großwild sowie Reptilien besaß. Schnell bemerkten wir, dass aufgrund stärkerer Regenfälle im Ruaha, der Rufiji eine ungewohnt und unerwartet starke Strömung hatte und dass die sanfteren Kanäle und Seen eine viel bessere Wildbeobachtung versprachen. Ähnliche Erfahrungen hatten wir auch auf dem Zambesi (siehe Bericht sep 2014) gemacht, wo ähnlich hohe Uferböschungen die Wildbeobachtung erschwerten.
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![]() Auf dem Kanal zum Lake Siwandu wurde die Fahrt dann ruhiger und wir glitten sanft und langsam am Ufer entlang. Vorbei an Flusspferden und vorbei an hunderten von Nilkrokodilen in den unterschiedlichsten Größen und vorbei an Bienenfressern, Kingfischern, Palmengeiern und Seeadlern. Spannend wurde es auf unserer abendlichen Bootsexkursion als eine Elefantenfamilie vor uns schwimmend den Kanal überquerte und dabei von zwei großen Nilkrokodilen nicht aus den Augen gelassen wurde. Wir waren froh, als die Familie inklusive Minijumbos unbeschadet am anderen Ufer an kam und genossen den Rufiji bis zum Sonnenuntergang.
Der Abend hielt dann eine weitere Überraschung für uns bereit. Man wollte einen afrikanischen Abend zelebrieren und dazu sollten alle gemeinsam an einer großen Tafel sitzen. Eine solche große Tafel war eigentlich, das Einzige, was uns im Lake Manze Camp nicht gefallen hatte. "na toll!" mauelte Petra "komm, Kopf hoch, einmal schaffen wir noch!" antwortete und dachte ich, Allerdings hatte ich nach dem perfekten Lunch das Dinner überschätzt. Zur Feier des Tages gab es Bohnen mit Ugali und gekochtem Hühnchenfleisch. Bei aller Liebe und Hingabe zu Afrika gehörte Ugali leider nicht zu unseren Favoriten. Aber wir waren ja auch nicht zum Essen hier, sondern wollten die Wildnis erleben. Schnell zogen wir uns von der großen Tafel vor unser Zelt zurück und ließen den Tag in trauter Zweisamkeit ausklingen. Die Nacht wurde begleitet von den Rufen der vielen Bushbabys im Camp, aber leider auch von dem Brummen eines Generators. Die Nächte ohne Strom im ruhigen Lake Manze Camp waren da mehr nach unserem Bush Geschmack.
Tag 7 im Selous Am nächsten Morgen unternahmen wir wieder eine Exkursion mit dem Motorboot und wieder hatte sich das frühe Aufstehen gelohnt. Schon von weitem sah ich aufspritzendes Wasser und sich windende Leiber im flachen Wasser des Lake Siwandu. "the crocodiles here live mostly from fish?" fragte ich, "yes, 80%!" anwortete Andrew. Ich deutete in die Richtung, wo ich in großer Entfernung die Bewegungen wargenommen hatte. "there are Impalas!" erklärte uns Andrew Ich sah Petra an und schüttelte den Kopf, "there are crocodils with a kill!" entgegnete ich. Andrew sah mich ungläubig an. Aber inzwischen konnte ich deutlich die rotierenden Leiber der großen Panzerechsen sehen. "They kill a baby hippo!" ergänzte ich "lets go more close!" forderte ich Moshi auf. Beim Näherkommen bestätigte sich meine Beobachtung. Mindestens 30 Krokodile, unter ihnen einige recht stattliche Exemplare, zerrissen gerade ein junges Flusspferd. Die Flusspferd Mutter war noch ganz in der Nähe, hatte aber die Ausweglosigkeit der Situation erkannt und griff nicht mehr ein.
Als wir den Ort des Geschehens mit dem Boot erreichten, brodelte vor uns das Wasser, riesige Nilkrokodilleiber wirbelten um ihre eigene Achse und rissen große Stücke aus einem nicht mehr erkennbaren Leib. Immer wieder warfen die Panzerechsen ihren Kopf in den Nacken um die großen Fleischstücke zu schlucken. Einzelne Krokodile entfernten sich mit ergatterter Beute, kleinere lauerten und warteten auf ihre Chance. Damit hatten wir hier auf dem See nicht gerechnet (Andrew vermutlich auch nicht) und uns wurde klar, warum im Selous keine Kanutouren auf den Seen erlaubt waren. Nachdem wir die Krokodile verlassen hatten, nutzte ich wieder die Gelegenheit und fuhr uns mit dem Motorboot durch die Wildnis Afrikas zurück ins Impala Camp. Rechtzeitig zu einem späten Frühstück erreichten wir das Impala Camp und verbrachten anschließend die Mittags- und Nachmittags Hitze am Pool des Camps. Wir hatten das Gefühl, dass es von Tag zu Tag heißer werden würde. Die Mittagstemperaturen lagen zwischen 33 und 35 Grad C und bedeuteten eine echte Herausforderung für den Körper und zwar nicht nur für unsere europäischen Körper. Die Askaris, alle samt Masai, lagen im Camp verteilt unter den Holzplattformen oder irgendwo im Gebüsch. Auch Fahrer und Guide´s liefen mit deutlich nassgeschwitzten Hemden durch das Camp.
Zum Glück stand Trinkwasser in beiden Camps kostenlos und reichlich zur Verfügung und ich konnte mich nicht erinnern, wann ich zuletzt soviel Wasser an einem Tag getrunken hatte wie hier im Selous. Im Gegensatz zum uns sehr vertrauten Tsavo in Kenya, kühlte es hier Abends nur unmerklich auf ca. 28 - 30 Grad C. ab. Während wir in der Masai Mara manchmal mit einer Wärmflasche ins Bett gehen, freuten wir uns hier über jeden Windhauch, der durch die offenen Zeltwände blies. Es war keine so schlechte Idee, die heißen Stunden im Schatten zu verbringen und wir hatten nach all unseren Erlebnissen nicht das Gefühl etwas zu verpassen. "Habe ich jetzt ein bisschen Urlaub?" fragte Petra mich verschmitzt lächelnd und tauchte im blauen Pool unter!
![]() Am Nachmittag brachen wir dann spät noch ein letztes Mal auf um die Wildnis vom Wasser aus zu erleben. Moshi und Andrew wählten dieses Mal einen der kleineren engeren Kanäle um möglichst schnell die großen Seen zu erreichen. Aber obwohl wir ein kleineres Boot nutzten, war die vermeintliche Abkürzung teilweise nur schwer zu passieren und wir mussten mit einer langen Holzstange staken. Immer wieder mussten wir unsere Sitzpositionen verändern oder mussten Andrew und ich ganz vorne auf dem Boot stehen, damit der Motor aus dem Schlamm und wir vorwärts kamen. Unterwegs begegneten wir einer Kaffernbüffelherde, die vor uns den Kanal durchquerte. Auf dem Lake Siwandu angekommen, beobachteten wir hunderte von Nilkrokodilen. Nahezu an jedem Ufer, auf jeder Sandbank und überall im Wasser lagen, trieben oder schliefen helle, gelbe oder dunkelgrüne schuppenbedeckte Körper. Dennoch waren am Ufer aber auch Zebras, Wasserböcke und anderes Wild zu beobachten. Durch die im engen Kanal immer näher an das Boot kommenden Flusspferde, wurde auch diese Exkursion zu einem kleinen Abenteuer.
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![]() ![]() ![]() Am Ufer ließen sich Zebraherden, Kaffernbüffel und Antilopen beobachten. Paviane kamen zum trinken an das Wasser und verschiedene Reiher flogen über den See. Mit Einbruch der Dämmerung kam etwas mehr Wind auf und sorgte für eine leichte Brise, allerdings auch für unerwartete Wellen auf dem Wasser. Die aufspritzende Gischt wurde zu einer willkommenen Abkühlung. Als die Sonne am Horizont verschwand erreichten wir das Camp für eine letzte Nacht im Bush. Wir hatten uns einen Tisch etwas abseits im Bush decken lassen und genossen ein vorerst letztes Dinner in der Wildnis. Das zur Suppe gereichte Brot teilten wir uns unfreiwillig mit einem Bushbaby, welches lautlos und dreist auf unseren Tisch gesprungen kam und genauso schnell wieder verschwand.
Tag 8 im Selous Irgendwie war der Drang nach Abenteuer und Erlebnissen am nächsten Morgen doch größer als der Bedarf an Ruhe und Erholung. Außerdem hatten wir am Vortage länger als nötig am Pool geschlafen und so unternahmen wir auch noch am letzten Morgen unserer Selous Safari eine kurze Pirschfahrt. Die Tour führte uns zurück in das Gebiet des Lake Manze und wie ich schon auf dem Boot gemerkt hatte, war Andrew zwar ein sehr gut geschulter Guide mit unglaublichen Wissen über die Tierwelt, aber es fehlte ihm noch an Erfahrung und Können bei der Wildbeobachtung. Hyänen übersah er genauso wie anderes Großwild.
"there is a liones!" erklärte ich ihm und zeigte Petra die große Katze im offenen Gelände ca. 500 Meter vor uns. Beim Näherkommen erkannten wir die Löwin mit den drei Jungen wieder und ich blickte mich suchend nach ihrer Gefährtin bzw. Mutter um. "There is the other one, together with a male!" zeigte ich nach vorne. "And there is an other male!" deutete ich unter einen Bush, "I miss Ally!" flüsterte Petra mir zu. Ich nickte. Andrew sah sich wortlos in der Umgebung um, konnte aber nichts mehr hinzufügen und fing stattdessen an uns das Sozialverhalten von Löwen zu erklären. Wir hörten höflich zu. Später am Zelt erklärte Petra mir, dass sie meine Ruhe bewundert und eigentlich erwartet hatte, dass ich jeden Moment explodierte. Da das zweite Löwenmännchen die vor uns liegenden Honeymooner nicht aus den Augen ließ und argwöhnisch aus der Distanz beobachtete, blieben wir fast eine Dreiviertelstunde zwischen den Löwen. Aber es erfolgte weder ein Angriff noch eine Paarung und so entschieden wir uns für einen dezenten Rückzug in das Camp.
Am späten Nachmittag traffen wir dann eine sympathische Pilotin auf dem Mtemere Airstrip und hoben, mit einer kleinen Cessna "U206G Stationair", zu dritt ab in den Himmel über Afrika! Wir sahen vom Flugzeug aus noch das letzte Großwild dieser unvergesslichen Safari, warfen einen vorerst letzten Blick auf den Rufiji River und drehten dann ab in Richtung Küste, wo wir vierzig Minuten später in Dar Es Salam landeten.
![]() ![]() Zurück in Dar Es Salam und eine letzte Aufregung Wir nutzten die Gelegenheit für ein letztes Tusker, eine letzte Pizza und eine letzte Seafoodplatte (ich glaube ich habe noch nie soviel Fisch gegessen wie bei diesem Aufenthalt) und genossen einen letzten Sonnenuntergang am Indischen Ozean, ehe wir unser Hotel in Slipway für kurze zwei Stunden nutzten.
![]() ![]() Grundsätzlich waren wir mit unseren Erlebnissen und Beobachtungen mehr als zufrieden, aber irgendwie wären wir ja nicht wir, wenn diese Reise ohne Komplikationen zu Ende gegangen wäre. Da wir jeden Morgen bei nur diffusem Licht in den Bush aufgebrochen waren, hatten wir uns angewöhnt, bei Verlassen des Zeltes alle Kameras bzw. Gepäckstücke zu überprüfen. So hielten wir es auch bei unseren Transfers. Also verließen wir auch so mitten in der Nacht das Hotel: "graue Kameratasche, schwarze Kameratasche, Rucksack, kleine Tasche?" fragte ich wie gewohnt ab. "Ja, plus Tablett!" ergänzte Petra. Am Flughafen angekommen, rauchte Petra noch entspannt eine Zigarette und belächelte mich, da ich wie immer am Vorabend aufgehört hatte zu rauchen (Afrika Raucher eben). Anschließend betraten wir das Flughafengebäude: "graue Kameratasche, schwarze Kameratasche ....!" fing ich an das Gepäck in das Heimann Kontrollgerät zu schieben. "schwarze Kameratasche?" wiederholte ich und hielt meine Hand nach hinten gestreckt: Petra sah mich hilflos und entsetzt an. "Hab ich die jetzt im Taxi stehen lassen?" fragte sie mehr sich selber als mich. Mir lief es abwechseln heiß und kalt den Rücken hinunter. Der Verlust der Digitalkamera war eine Sache, aber der Verlust der Wildhundbilder war unbezahlbar. Tausend Dinge gingen mir durch den Kopf während ich vor den Augen der verdutzten Kontrollbeamten meinen Gürtel, meine Stiefel und die graue Kameratasche wieder zurück holte und im Laufschritt das Gebäude verließ. Natürlich war vom Taxifahrer oder Fahrzeug nichts mehr zu sehen. Mein Gehirn ratterte weiter. Schließlich fiel mir die Flughafeninformation ein, die auch tatsächlich besetzt war. Mir war aufgefallen, dass man an der Hotelrezeption unseren Taxifahrer kannte, vielleicht haben die ja auch eine Handy Nummer von dem Fahrer? Allerdings gestaltete es sich als unerwartet kompliziert die Nummer des Slipway Hotels heraus zu bekommen. Zwischendurch erschien Petra bei mir: "und?" fragte sie "Nichts!" antwortete ich, "aber ich werde auf keinen Fall ohne diese Kamera das Land verlassen, dann fliegen wir eben einen Tag später!" erklärte ich entschlossen. Petra schluckte, wusste aber nur zu genau, dass der Moment für Diskussionen denkbar ungünstig war. Neben mir erschien ein Afrikaner, der mein Gespräch an der Information mitgehört hatte. "I have a number from the Slipway Hotel!" erklärte er mir. "Asante!" sagte ich und probierte die Number aus! "I´ts not working!" erklärte ich ihm schon fast verzweifelt "Here try this one!" gab er mir eine andere Nummer. Meine Hände zitterten und ich reichte das Handy an die Dame in der Information "Please try for me!" sie wählte das Hotel an. ".......tut tut tut...Slipway Reception....!" ich hatte Kontakt und schilderte der Dame am anderen Ende der Leitung unser matata. Sie kannte den Fahrer tatsächlich und versprach ihn anzurufen. Unendliche Minuten verstrichen. In der Zwischenzeit erschien Petra wieder bei mir und schob mir unseren Gepäckwagen vor die Füße: "das Tablett ist noch drinnen!" erklärte sie mir und drehte sich um. Wir hatten uns ein beschnitzes Holztablett als Erinnerung an Dar Es Salam bzw. Tansania gekauft und dieses lag nun auch noch irgendwo in der Kontrollstelle. Während Petra versuchte an das Tablett zu kommen ohne selber noch einmal komplett kontrolliert zu werden, rief ich wieder im Hotel an. "Sorry, the driver did not pick up the phone! But maybe the drivers at the airport know an other number from him! Please try there and good luck. I think you get your camera back, soon!" Peng, alle Hoffungen zerplatzten von einer Sekunde auf die andere. Als ich zum Taxistand ging, fing ich eigentlich schon an zu überlegen wen wir in Deutschland und wie informieren wollten und wie wir das ganze mit der Airline klären, dass wir einen Tag später fliegen und ob es da überhaupt einen TK Flug gab und und und.... Eigentlich konnte ich gar keinen klaren Gedanken fassen und dann stand da auf einmal dieser Taxifahrer, mit einem breiten Grinsen und mit unserer schwarzen Kameratasche in der Hand. Ich nahm ihn in den Arm und drückte ihm eines meiner großzügigsten Trinkgelder die ich je gegeben hatte in die Hand. Das die anschließende Ausreiseabfertigung aufgrund schlafender Beamter, mehr als anderthalb Stunden dauerte, war am Ende eine ganz afrikanische Kleinigkeit und konnte unsere wieder gewonnene Ruhe nicht mehr erschüttern! Wir hatten unser Ziel, Wildhunde im Selous zu beobachten und zu begleiten erreicht! Letztendlich hatten wir viel mehr erlebt als wir erwartet hatten und schon jetzt können wir es kaum abwarten nach Afrika zurück zu kehren. Zum Glück lagen die Tickets für unsere große Safari im September schon zu Hause bereit. Nur die Safari muss nun noch geplant werden. Eigentlich ist es nach 25 Jahren wieder einmal wichtig alle Freunde in Kenya zu besuchen und Heimweh nach dem Boko Boko haben wir auch, aber wer weiß... was Afrika für Überraschungen für uns bereit hält? |