Back Home to Boko Boko Auch am letzten Morgen ließen wir uns früh wecken und genossen dieses Mal aber den Sonnenaufgang von der Terrasse aus, gemütlich mit Kikoi um die Hüfte, Tee und Blick auf die ins Wasser zurückkehrenden Flusspferde. Etwas später beim Frühstück erfuhren wir von Leslie, dass sie nun auch das Mara Bush Camp verlassen würde und sich nach einem neuen Camp umsehen würde. Es wurde also ein doppelter Abschied. Die Mara hatte sich wieder einmal von einer spannenden und unkalkulierbaren Seite gezeigt. An den letzten beiden Abenden hatten wir vom Camp aus heftige Gewitter beobachtet, ohne dass in dieser Region auch nur ein Tropfen Wasser gefallen war. Unser Wunsch nach einer trockenen fast überall befahrbaren Mara, war in Erfüllung gegangen und das war eigentlich mehr als man um diese Jahreszeit erwarten konnte.
Nach einer herzlichen, aber sicher nicht endgültigen Verabschiedung von Leslie und dem Camp, brachen wir nach dem Frühstück auf in Richtung Nairobi. Auch wenn wir Abends einen Flug zu erreichen hatten, waren wir nicht in Eile. Und so konnten wir uns noch etwas Zeit für eine nicht mehr erwartete Begegnung nehmen. Gerade hatte ich Leslie beim Frühstück erzählt, dass dieser Aufenthalt in der Mara der erste seit 15 Jahren war, bei denen ich nicht eine einzige Katze aus dem Ol Kiombo Rudel gesehen hatte. Da entdeckten wir im hohen Gras eine Löwin unweit des Airstrips. Wir waren uns sicher, dass diese Raubkatze nicht alleine war, konnten aber trotzdem keine weiteren Familienmitglieder entdecken. Vielleicht hatte der Elefantenkadaver der im dichten Unterholz in der Nähe des Mara Explorer Camps lag, nicht nur die vielen Hyänen, sondern auch die Löwen angelockt! Wir hatten nur an einem Morgen kurz nach dem Kadaver gesehen und festgestellt, das er eigentlich nicht zu erreichen war, da er zu tief im Bushwerk lag. Vorbei an allerlei Wild fuhren wir in Richtung Taleg und je näher wir der kleinen Stadt kamen, je feuchter wurde die Piste. Hier musste es in der letzten Nacht geregnet haben. Kurz vor Taleg bogen wir dann ab in Richtung Aitong und kamen auf guter Piste zügig voran. An zwei drei Stellen war es ein wenig matschig und die Piste aufgeweicht und an anderer Stelle mussten wir einen kleinen Bach durchqueren aber der Land Cruiser meisterte die Passagen ohne "matata" (Probleme).
Als wir schließlich Narok erreichten hatten wir (dachte ich zumindest) noch so viel Zeit, dass wir uns ein kleines Lunch im Governors Garden Restaurant gönnen konnten. Ich konnte ja auch nicht ahnen (doch konnte ich eigentlich) dass ein paar Samosas und ein Teller Pommes 40 Minuten in der Zubereitung brauchten.
Nun doch etwas in Zeitbedrängnis gekommen, ging es dann quer durch den Afrikanischen Graben zurück nach Nairobi. Wobei uns unten im Graben ein heftiger Sandstrum erwartete und kurzzeitig Weltuntergangswetter herschte. Die Verkehrslage ab Mai Mahiu hinauf bis nach Nairobi sorgte dann nicht gerade für entspanntes Fahren aber grundsätzlich hatten wir gute Chancen rechtzeitig am Flughafen zu sein. Immerhin nahmen wir uns auch noch die Zeit einer großen Leopardschildkröte über die Straße zu helfen!
![]() Dann mitten im Nairobiverkehr ein Anruf: "Hi Jorg, where are you now!" Leonard von Sunworld Safaris war am anderen Ende der Leitung. Ich erklärte ihm, dass wir in der Stadt waren aber noch ca. 30 Minuten bis zum Flughafen brauchten. "It´s ok, my driver is even late, he is hanging in the traffic as well!" während ich erfuhr, das die Fahrzeugübergabe wohl improvisiert werden musste, bog ich nach links ab und stellte im selben Moment fest, dass es der falsche Abzweig war. "Scheiße" ich blickte auf die Uhr, die Zeit wurde mehr als knapp. Ich hatte in der aufkommenden Hektik einen falschen Abzweig genommen und es gab keine Chance zu wenden. Schließlich fuhr ich verkehrt herum in einen U-turn des Gegenverkehrs und "boxte" mich mit dem großen Land Cruiser etwas rücksichtslos durch den Verkehr! Kurz vor dem Flughafengebäude dann wieder Leonard am Telefon: "The driver will not manage to arrive in time! Please give the key...!" ich unterbrach Leonard, "First I do our check in and than I call you back!" Wir suchten uns einen Parkplatz und anschließend einen Kofferwagen und begaben und doch etwas hektisch zum Check In Schalter. Vorher natürlich Koffer und Bodycheck. Ich reichte unsere Tickets über den Tresen und fragte: "How many time do I have!" "20 minutes!" war die klare und knappe Antwort. Ich drückte Petra alle Unterlagen in die Hand und rannte wieder raus. Petra war derartige Situationen schon gewohnt und bereitete sich mental darauf vor den Abflug irgendwie heraus zu zögern. Vor dem Flughafengebäude angekommen rief ich Leonard an und erfuhr, dass ich den Fahrzeugschlüssel im Safaricom Büro abgeben sollte. Ich versuchte nun also an der Tür rüttelnd in den Ankunft Bereich des Domestic Airports zu gelangen, als mir nach Minuten endlich aufgemacht wurde, stellte ich fest, dass es dort gar kein derartiges Büro gab. Ich telefonierte wieder mit Leonard: "No, not Domestic, it´s international Arrival, there is a lady, she is waiting for you!!" Ok, ich musste mich kurz orientieren und lief dann im Laufschritt zum Ankunftsbereich des Internationalen Flughafens. Zwischendurch wieder ein Anruf von Leonard: "Sorry Jorg, now I have somebody who can take the key from you!" ich lehnte ab und erklärte, das ich schon fast beim Safaricom Büro war, dann legte ich wieder auf. Im besagten Büro angekommen, traf ich zwei männliche und einen weiblichen Mitarbeiter an. Da eine Lady bescheid wissen sollte war die Situation eigentlich einfach. "Here is the key from the Sunworld Land Cruiser, you know about it!" reichte ich der Dame den Schlüssel und wurde ungläubig von allen Anwesenden angesehen. Ich nahm den Schlüssel wieder an mich und rief Leonard an. Es folgte ein Gespräch zwischen Leonard und der Dame, die anschließend auflegte, so dass ich immer noch nicht wusste was jetzt los war. Also noch einmal Leonard angewählt und dann konnte ich endlich den Schlüssel dort lassen. Als ich etwas durchgeschwitzt, aber rechtzeitig wieder in der Domestic Abflughalle war, sprach mich ein Kenyaner an: "Sorry, are you Mr. Jorg? Mr. Leonard sends me...!" ich unterbrach ihn und erklärte ihm, dass der Schlüssel bereits übergeben sei! Wenig später im Flugzeug, sah Petra mich an und zeigte auf die Flecken auf meinem Hemd: "Sag mal schwitzt du so!" ich grinzte: "Yes and now, I need some days holiday!" dann atmete ich noch einmal tief durch. Nach weiteren 40 Minuten, öffneten sich in Mombasa die Flugzeugtüren und wir dachten wir seien in einer anderen Welt! Es war 21:00 Uhr Abends und es war heiß, es war nicht sehr warm, es war heiß! Wir hatten es schon in Nairobi als noch sehr warm empfunden (was auch an meiner Rennerei gelegen haben kann) aber jetzt war es wirklich richtig heiß. 29 Grad C und 97% Luftfeuchtigkeit! "Gut, dass wir nichts mehr vor haben!" sagte Petra während wir unser Gepäck in Empfang nahmen. Wie immer wurden wir am Flughafen erwartet und waren bald in Richtung Boko Boko unterwegs. Die inzwischen gut ausgebaute Straße in Richtung Kikambala war um diese Zeit gut zu befahren und so kamen wir schnell vorwärts. Zwar hatte ich schon bei unserer Ankunft bemerkt, dass neben der Asphaltstraße in regelmäßigen Abständen Straßenlaternen die Route ausleuchteten, aber jetzt, wo noch viele Menschen unterwegs waren, fielen mir die Veränderungen noch drastischer auf. Wo vor wenigen Jahren noch Kerosinlampen die kleinen, meist von allerlei Unrat umgebenen Stände und Buden der Einheimischen erhellten, wo über schummrigen Discotheken und Nachtclubs ein bis drei bunte Glühbirnen brannten oder flackerten, dort war es jetzt fast taghell. Über größeren Läden liefen elektronische Schriftbänder, kleine Scheinwerfer leuchteten und die Musik kam aus überdimensionalen Lautsprechern und wurde von funktionierenden Lichtorgeln begleitet. Schon lange war die Masse der großen Fahrräder, den billigen Motorrädern aus China und Indien gewichen und obwohl das nächtliche Treiben sich nicht wirklich verändert hatte, war irgendwie alles ganz anders. Während wir von 1990 bis 2005 immer noch gedacht haben, die Zeit in Kenya steht auf eine sympathische Art still, raste sie nun. Und auch wenn wir den Einheimischen den Fortschritt gönnten, einige Dinge, wie z.B. die vielen Zäune im Mara Conservancy Gebiet, die den Tsavo durchscheidende Strecke des Hochgeschwindigkeitszuges oder der nicht mehr überschaubare Straßenverkehr stimmten mich plötzlich sehr nachdenklich.
Als wir dann das Boko Boko erreichten, konnte ich alle Gedanken über Fortschritt schnell abschütteln, im Boko Boko stand die Zeit tatsächlich immer noch still. Nach wie vor gab es traditionelle Gerichte im Porini Restaurant, tanzten Giriama Tänzer die alten Stammestänze oder spielten ihre Musik, fiel regelmäßig der Strom aus und passten Gärtner, Zimmermädchen und Kellner ihre Arbeitsgeschwindigkeit dem Klima an. Pole Pole wurde im Boko Boko und im Porini groß geschrieben. Aber genau diese Mischung aus Lebensfreude und Gelassenheit brauchten wir bei diesen Temperaturen jetzt auch.
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![]() Den Rest der Woche verbrachten wir tatsächlich mit süßem Nichtstun. Unter den schattenspendenden Bäumen und riesigen Bambuspflanzen rund um unsere Terrasse ließ es sich herrlich relaxen und langweilig wurde es im Boko Boko nie. Irgendwo im großen tropischen Garten trieben sich immer ein paar Meerkatzen herum und klauten Mangos, kleine Stern- oder große Jack Früchte, die Aldabra Riesenschildkröten freuten sich immer über kleine Snaks zwischendurch und auch die in den Teichen versteckt lebenden Sumpfschildkröten ließen sich gerne füttern. Ein, woher auch immer gekommendes, gut 120 cm langes Nilkrokodil in einem der Brunnen, sorgte genauso für Abwechslung wie abendliche Exkursionen zwischen Fledermäusen und Flughunden am Pool.
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![]() Selbst einen der nahen Stände besuchten wir noch einmal und stellten dabei fest, dass das die Tagestemperatur von 35 Grad C. vom Meerwasser in Strandnähe sogar noch übertroffen wurde! Im Meer zu baden war keine Abkühlung, sondern das Treiben in Teewasser! Die hohen Tagestemperaturen ließen sich eigentlich nur im Schatten verbringen, da aber die Nachttemperaturen während der letzten Tage unserer Anwesenheit inzwischen auch über 30 Grad. C lagen, wurde dem Körper einiges abverlangt! Einheimische und auch wir erwarteten nun sehnlichst die Regenzeit! Aber das Wetter spielte weiter verrückt, wenige Tage nach unserer Rückkehr nach Deutschland erreichte uns sogar die Nachricht von über 40 Grad C. Tagestemperatur und damit neue Rekordwerte an der Küste, allerdings hatte es in der Masai Mara planmäßig angefangen zu regnen und so war ich gespannt was mich im August in der Wildnis rund um den Mara River erwarten würde. |