Ein Reisebericht von:
Safari wangu, Reiseberichte und Infos


Text Jörg, Fotos Petra und Jörg Reinecke (digital)



Die Stunde der Schakale -
Fünf Wochen Safari von der tierreichen Masai Mara, bis an die heiße Küste und zurück nach Nairobi durch Lumo Conservancy und Tsavo West

- März 2022 / Teil VII -




Noch mehr Überraschungen im Tsavo West
Einen Augenblick hatten wir tatsächlich überlegt noch eine weitere Nacht im Lumo und auf den Fersen des jungen Geparden Männchens zu bleiben. Aber erstens brauchte das scheue Tier augenscheinlich sehr viel Platz und Ruhe für eine ungestörte Jagd und zweitens blieben uns nur noch wenige Tage bis zu unserem Rückflug nach Deutschland. Mit gemischten Gefühlen verließen wir also am späten Vormittag das Lumo Conservancy und tauchten nur 15 Minuten später in die Wildnis des Tsavo West National Parks ein.
Die frisch aufgeschobenen Wälle am Rande der schnurrgeraden roten Pisten, bescherten uns zwar eine sehr gute "rumpelfreie" Strecke, aber grundsätzlich war es schon ein schöneres Bushfeeling auf den kleinen, verschlungenen Pisten des Lumo Reservates zu Pirschen. Aber wie immer war der Tsavo West wieder für Überraschungen gut. Unser erstes Highlight erlebten wir nachdem wir noch keine 30 Minuten im Park waren.
"Shit!" hatte ich laut gerufen und dann abrupt den schweren Wagen zum stehen gebracht. Noch ehe Petra nachfragen konnte rief ich:
"Honigdachs!" und sprang aus dem Auto. Im Vorbeifahren hatte ich einen gar nicht mal so kleinen schwarzweißen Körper kopfüber in einem Erdbau verschwinden sehen. Nachdem ich gestoppt hatte sah ich noch ein wenig rote Erde durch die Luft wirbeln und war mir eben sicher ein Dachs gesehen zu haben. Als ich mich langsam und vorsichtig dem Erdloch näherte, hörte ich den kleinen Kerl unter der Erde graben. Und dann entdeckte ich tatsächlich durch eines der Erdlöcher das Fell eines Honigdachses unter mir. Als ich ihn entdeckt hatte versuchte das schlaue Raubtier noch den Bau zu verschließen und lag dann regungslos unter mir in der Erde. Ich freute mich über den kurzen Anblick und dann hatten wir den Schauplatz auch schon wieder verlassen.



Unser Ziel war wieder einmal die Kitani Lodge, wo wir einen der Selbstversorger Bandas für 2 Nächte reserviert hatten. Auf dem Weg zu den Bandas begegneten wir neben Giraffen und Zebras, Geierperlhühnern, entdeckten verschiedene Adler und im Tsavo River sogar ein kleines Nilkrokodil. Nachdem wir den Tsavo River dann durchquert hatten, wurde der Wildbestand dichter und wir beobachteten zusätzlich Gnus, Oryx, Eland, Impalas und größere Gruppen Gelber Paviane. Gegen Mittage erreichten wir dann das Severin Camp, wo wir unseren Schlüssel für unseren Banda im in der nähe liegenden Kiani Camp abholten. Anschließend richteten wir uns ein und genossen das freie Bushleben. Am späten Nachmittag pirschten wir noch ein wenig durch die nahe Umgebung und am Abend zelebrierten wir unseren Sundowner und improvisierten einen leckeren Mango - Avocado - Tomatensalat am Lagerfeuer.













Kitani Bandas - Kitani Lodge, Tsavo West National Park























Für den nächsten Tag hatten wir uns vorgenommen, die alten Ngulia Bandas bzw. die Rhino Valley Lodge anzufahren und nachzusehen, was aus dem Platz geworden war. Anschließend wollten wir in das Rhino Sanctuary fahren und nach Nashörnern suchen. Wir waren also mehr als tiefenentspannt an diesem Morgen und hatten es nicht eilig das Camp zu verlassen. Nach dem Frühstück fuhren wir los und ich hatte mich für die Route entlang der schwarzen Lava Wälle entschieden, einem Gebiet, wo wir vor einigen Jahren Wildhunden begegnet waren und aus dem immer wieder von Wildhundsichtungen berichtet wurde. An diesem Morgen allerdings erweckten, kurz nachdem wir das Severin Camp passiert hatten, einige Antilopen unsere Aufmerksamkeit. Schon aus der Entfernung hatten wir die Warnrufe der Impalas gehört und kaum hatten wir eine Spitze der Lawawälle umfahren, da sahen wir mehrere Impalaböcke aufgeregt durcheinander laufen. Im ersten Moment glaubte ich an Streitereien unter den Böcken, doch dann sah ich den wahren Grund ihrer Aufregung. Ein Löwe thronte über einer toten Elandantilope. Ob er tatsächlich der Jäger dieser Beute war vermochten wir nicht zu sagen. Auf den ersten Blick sah der Kill recht frisch aus. Allerdings hatte es schon irgendein, vermutlich kleineres, Raubtier geschafft dem Kadaver ein Auge heraus zu lösen, aber auch der Bauch war schon geöffnet. Das Löwen Männchen hatte ein wenig Blut am Maul und sah gut genährt aus. Während wir unweit des Kadavers noch eine Löwin unter einem Strauch entdeckten, fing das Männchen an zu fressen und an dem Kadaver herum zu zerren. Wir blieben eine Stunde und beobachteten das Geschehen.







Nach einer Stunde versuchte der Löwe die Beute in den Schatten zu ziehen, scheiterte aber mit seiner Idee und fing stattdessen an die Reste des Mageninhaltes zu verscharren. Anschließend zog er sich in den Schatten, neben die Löwin zurück.
"Zurück zu Plan A?" sah ich Petra fragend an.
"Die werden bestimmt jetzt auch erst mal im Schatten bleiben, lass uns wenigstens bis zur Ngulia Lodge fahren!" antwortete Petra. Ich nickte und dann verließen wir erst einmal den unerwarteten, morgendlichen Schauplatz. Vorbei am Poachers Lookout und später der Kilanguni Lodge fuhren wir zu den Wasserstellen im Rhino Valley. Unser Timing war gut, während wir unterwegs nur eher selten Wild zu sehen bekommen hatten, tummelten sich um die Wasserlöcher nicht nur Zebras, Kongonis und einige Kaffernbüffel, sondern auch eine große Gruppe Masai Giraffen und gleich mehrere Elefantenfamilien. Speziell die Dickhäuter mit ihrem Nachwuchs sorgten wir jede Menge Lärm und Unterhaltung an den Wasserstellen. Während die Halbwüchsigen jüngeren Elefanten uns nicht wirklich trauten und immer wieder mit kleineren Drohgebärden vor oder neben uns auftauchten, badeten die Kleinsten im Schutz ihrer Mütter und Tanten ganz ausgelassen. Rutschten im Schlamm hin und her, Tauchten und Prusteten und hatten einfach nur Spaß am Leben.







































Nachdem auch die letzten Elefanten weitergezogen waren, fuhren auch wir weiter und hoch zur Rhino Valley Lodge bzw. zu dem was noch von der alten Lodge über geblieben war. Die meisten alten Gebäude waren bereits abgerissen, wobei es uns besonders um die ohnehin nicht mehr im original Zustand gewesenen Bandas leid tat. Viele schöne und unvergessliche Erinnerungen hingen an dieser Lodge in der wir zwischen 1990 und heute immer wieder gerne übernachtet hatten. Neben der Möglichkeit sich selber zu versorgen, war hier oben die Aussicht einfach fantastisch. Die Aussicht war geblieben und es bleibt nun abzuwarten was die neuen Besitzer der Lodge aus diesem geschichtsträchtigen Ort machen. Etwas traurig fuhren wir zurück in Richtung Kitani Bandas, wo wir am späten Nachmittag unbedingt miterleben wollten wie die Löwen an dem Elandkadaver sich verhalten.






Rhino Valley Lodge ex Ngulia Bandas im Abriss und Umbau März 2022, Tsavo West









Unsere Route führte uns quer durch den Tsavo West, so dass wir unterwegs noch ein wenig Wild in Form von Kudus, Oryx- oder Kongoni Antilopen zu sehen bekammen. Gegen 16:00 Uhr erreichten wir den Schauplatz des Morgens und fanden das Löwenmännchen am Kadaver vor. Von dem Weibchen fehlte zunächst jede Spur, stattdessen pirschten zwei Schabrakenschakale um den Kadaver und den Löwen herum. Dann trauten wir unseren Augen nicht, keine 50 Meter von dem Löwen Männchen und der toten Elandantilope entfernt, lag die Löwin neben einem frisch getötetem Gnu. Die Raubkatzen hatten unsere Abwesenheit genutzt und unbemerkt ein zweites Beutetier geschlagen. Während das Männchen immer wieder von seiner Beute fraß beließ es das Weibchen bei der Bewachung des Kadavers. Wobei außer den beiden Schakalen noch keine Aasfresser zu sehen waren. Erst als das Weibchen sich erhoben hatte, konnten wir deutlich ihr ausgeprägtes Gesäuge erkennen und durften annehmen, dass sie irgend wo in der Nähe Junge hatte. Mit Einbruch der Dämmerung waren erste Geier aufgetaucht, landeten aber respektvoll in mehr als einhundert Meter Entfernung oben in einigen hohen Bäumen.

























Als es Anfing dunkler zu werden beschlossen wir zunächst einmal zurück zu unserem Banda zu fahren, der nur wenige Minuten vom Schauplatz in weniger als 2 Kilometer Entfernung lag. Auf der kurzen Fahrt entdeckten wir dann die erste Hyäne und waren gespannt wie es an dem Kadaver weiter gehen würde. Am Banda angekommen löschten wir unseren Durt mit einem eiskalten Savanna Dry und kochten ein einfaches Dinner. Die Thunfisch Spagettis waren schnell zubereitet, das Lagerfeuer musste dann erst einmal warten, denn wir kehrte nach dem Dinner noch einmal zurück zu den Löwen.
Im Scheinwerferlicht erkannten wir sowohl die Löwen als auch mehrere Tüpfelhyänen. Während das Weibchen gerade dabei war zu ihrem Gnu zurück zu kehren, hatte der Löwe seine Beute bereits an die Übermacht der Hyänen verloren. Ca. 10 Hyänen konnten wir verteilt im Gelände zählen. Vorsichtig umkreisten die meisten von ihnen die Löwen, während drei oder vier bereits von der Elandantilope fraßen. Im Vergleich zu solchen Szenarien in der Masai Mara, ging es hier in der Nacht relativ ruhig zu. Zwar war hin und wieder das Gekicher der Hyänen zu hören, aber laute Rufe oder wirkliche Aggressionen untereinander waren nicht zu beobachten. Man war bemüht den Löwen ängstlich aus dem Wege zu gehen und von den kämpferischen, selbstbewussten Hyänen, wie wir sie aus der Mara kannten, war nichts zu sehen. Wir blieben eine Weile und sahen dem Treiben an beiden Kadavern zu, ehe wir zurück zu unserem Banda fuhren, dass Lagerfeuer entfachten und einen späten Drink genossen.















Am nächsten Morgen fuhren wir dann, gleich nach dem Aufstehen und einem frühen Tee, wieder die beiden Kadaver an. Obwohl wir erst wenige Minuten Tageslicht hatten, hatte sich das Bild total gewandelt, weder Löwen noch Hyänen waren zu entdecken, stattdessen saßen zwischen 20 und 30 Weißrücken- und Sperbergeier um und an dem Gnukadaver und nackten die letzten Knochen blank. Ein Großteil des Skelettes der Elandantilope lag abgefressen in der Landschaft, wobei die Hyänen alle vier Beine davon geschleppt hatten. Auch hier war also der Kreislauf geschlossen, so dass wir zurück zu unserem Banda fuhren um ein vorerst letztes, deftiges Frühstück in der Wildnis zu genießen. Neben den obligatorischen Spiegeleiern, landeten an diesem Morgen so ziemlich alle Reste aus dem Kühlschrank in der Pfanne und ich zauberte ein kräftiges Omelett, welches dann auch bis zum Abend vorhalten musste.

Umringt von verschiedenen Vögeln und Bushhörnchen hockte ich, ein wenig wehmütig, auf der Terrassenmauer unseres Bandas und ließ die ereignisreichen letzten Wochen noch einmal Revue passieren. Natürlich war es kein Abschied aus dem Bush für immer, aber ein bisschen weh tat es trotzdem.














"Komm, wir haben heute noch ein Stückchen vor uns!" riss Petra mich aus meinen Gedanken und forderte mich zum Packen auf. Unser Gepäck war dann schnell verladen und wir dann zunächst auf dem Weg in Richtung Mtito Andei. Unterwegs stellten wir fest, dass die nächste Regenzeit sich immer deutlicher ankündigte und es in den nördlicheren Teilen des Tsavo West bereits zu heftigen Regenfällen gekommen war.
"Keine schlechte Zeit zu gehen!" stellte ich fest, während wir vorbei an tiefen Pfützen und roter, matschiger Erde fuhren. Zum Abschied und bevor wir die Wildnis des Tsavo verließen entdeckten wir noch einen kleinen Schwarm Rotbauchpapageien. Die hübschen Krummschnäbel kletterten in einem Busch herum und hatten durch ihr heiseres Gekrächze auf sich aufmerksam gemacht. "Cool, die haben wir lange nicht gesehen!" freute ich mich über dieses weitere kleine Highlight. Ganz in der Nähe der Papageien hatte eine Nacktmullkönigin ihren Staat direkt auf der Piste aufgebaut. Wobei wir, wie schon so oft, nur die aufgeworfenen Erdhügel in der roten Erde zu sehen bekamen. Die nacktem Nagetiere blieben wie immer verborgen in ihren unterirdischen Gängen. Wenig später erreichten wir das Main Gate vor Mtito Andei und mussten erst einmal unsere Parkgebühren nachbezahlen. Breit grinsend empfing uns einer der Ranger am Gate:
"We are waiting for you!" erklärte er mir der Ranger.
"I'm sure you are waiting for me, but we did not pass at Mzima Springs!" antwortete ich. Bei der Einfahrt in den Tsavo, vor drei Tagen, war es am Maktau Gate nämlich nicht möglich gewesen zu bezahlen. Wegen eines defekten Solarsystems arbeiteten die Kreditkartenabrechnungen nicht und man hatte mir freigestellt entweder bei den Rangern am Mzima Springs oder am Hauptgate bei der Ausfahrt zu bezahlen, was ich nun vorhatte. Währen der irrwitzig langen Prozedur des hin- und her Buchens auf die KWS Safarismart Card, fragte ich im Büro nach, ob es tatsächlich ab Mitte des Jahres nicht mehr möglich war direkt am Gate zu bezahlen.
"Yes, it will come soon. From beginning of June you have to pay online!" erklärte mir der KWS Beamte während er auf seinem Computer immer noch mit meiner Abrechnung beschäftigt war. "And than, the new system will be so fast as the old one? So better I have always to book some weeks before?" sah ich ihn verschmitz lächelnd an und bekam ein schneeweißes Lächeln zurück.
"I think it will not run from the beginning, but it will come!" lachte der Beamte und reichte mir nach dreißig Minuten meine Unterlagen zum Ausschecken.
"Thats why I love Africa, you always have new brilliant ideas! lachte ich und nahm meine Papiere.










Auf der anschließenden Fahrt nach Nairobi passierten wir irgendwo im nirgendwo eine Highschool Abschlussfeier, die einen Großteil der Hauptstraße blockierte. Im Gegensatz zu den meisten Autofahrern, die sich über den Stau ärgerten, freuten wir uns mit den jungen Kenianer(innen) und wünschten ihnen durch das geöffnete Fenster alles Gute für die Zukunft! Außerdem stimmte uns ein mit lebenden Hühnern auf dem Dach beladenes Matatu nachdenklich und führte unsere Gedanken zurück an den Anfang unserer Safari, wo vor knapp 6 Wochen zwei Schakale wenig zimperlich ein Gazellen Kitz gerissen hatten Der Rest der Fahrt verlief dann recht unspektakulär, so dass wir gegen Abend Nairobi erreichten, wo wir bei Gaby und Dave wieder in das Gästezimmer einzogen. Den Abend verbrachten wir dann zusammen mit den beiden und tauschten unsere Erlebnisse gegen die Zukunftspläne und Infos zu den Camps in der Mara, sowie die neusten Ideen für die Camps im Lumo und das Reservat selber. Am Ende konnte ich es gar nicht mehr abwarten wieder zurück in die Wildnis zu kehren. Aber am nächsten Morgen ging es zunächst zu Evi und Gerd, wo wir den Nachmittag verbrachten, bevor es dann erst einmal zurück nach Deutschland ging.








Neben dem Wild und den Camps in der Wildnis sind es natürlich auch viele der Menschen die in Kenya leben, die dieses Land für uns zu einer zweiten Heimat gemacht haben und die dafür sorgen, dass wir immer und immer wieder zurückkehren werden. Schon jetzt sind die Pläne für eine nächste Safari gemacht, die Tickets liegen bereit und die Gedanken in meinem Kopf kreisen um neue Abenteuer und Erlebnisse in Kenya.