Tano Bora oder auf den Spuren der Fast Five Noch vor Sonnenaufgang und für Holger gewohnt früh, nahmen wir unser Frühstück und das Lunch entgegen und brachen auf in die Richtung, wo wir am Vortage die Geparde verlassen hatten. Am Talek Gate fuhren gerade die Fahrzeuge für die Ballonsafaris ein und so flutschten wir einfach mit durch. Da der Himmel recht bedeckt war, war anfangs nur Wildbeobachtung im Scheinwerferlicht möglich und dann verpassten wir im ersten Dämmerlicht nur um wenige Minuten eine Topigeburt. Auf noch mehr als wackeligen Beinen stand ein neugeborenes Topikalb hinter seiner Mutter. Noch komplett nass und etwas orientierungslos taumelte Das Kalb um seine Mutter herum. Während diese versuchte die Reste der Nachgeburt, verschwinden zu lassen. Immer wieder leckte sie ihr Hinterteil, aus dem blutige Reste der Nachgeburt hingen. Gleichzeitig kümmerte sie sich liebevoll um ihr Kalb und vorderte es durch Lecken und Anstupsen zum Aufstehen auf. Es dauerte keine zehn Minuten, dann stand das Kalb sicher auf seinen Beinen und lief um die Mutter herum. Wenige Minuten später wurde das kleine Topi von seinem Vater oder einem anderen Bullen auf der Welt begrüßt. Umringt von hunderten von Thomson Gazellen wanderten Mutter und Kalb, in ein spannendes und hoffentlich langes Leben in der Wildnis, davon.
![]() ![]() ![]() ![]() Nur 20 Minuten später und nicht weit von den Topis entfernt, fanden wir dann die fünf Geparden Männchen, fast genau an der Stelle wieder, an der wir sie gestern verlassen hatten. Immer noch machten die Fünf einen satten und trägen Eindruck. Jedenfalls die meisten von ihnen, einzig der Jüngste Gepard der Gruppe schien sich schon wieder für neue Beute und die Topis zu interessieren. Zumindest beobachtete er sie Aufmerksam, während seine vier Jagdbrüder satt und unbekümmert schliefen. Wir beobachteten die Geparden, die von den Masai "tano bora" (Fünf Ausgezeichneten) getauft wurden, fast eine Stunde lang. Nachdem aber einige Topis an ihnen vorübergezogen waren, ohne dass sie reagiert hatten, kamen wir zu der Überzeugung, dass sie immer noch satt waren und heute nicht mehr jagen würden.
Noch war es früh am Morgen und vielleicht erwartete uns in einer anderen Ecke der Mara etwas mehr Action oder eine andere Wildlife Story. Aber alles sah nach einem ruhigen friedlichen Morgen aus und so genossen wir zunächst einmal die Gesellschaft einiger Masai Giraffen. Die sanften Riesen zogen durch die Ebene und ließen sich durch uns nicht stören. Mit ihren langen, dunklen Zungen zupften sie Blätter von den Zweigen der Büsche.
Langsam und mit inzwischen geübtem Rundumblick rollten wir durch die Savanne der Masai Mara. Thomson Gazellen und Impalas grasten in großer Stückzahl in den weiten, grünen Ebenen. Wir kreuzten den Weg von Zebras und Eland Antilopen und erreichten dann einen kleinen, nur wenig Wasser führenden Graben, als wir plötzlich auf einige sich im Landeanflug befindenden Kappengeier aufmerksam wurden. Die fliegenden Aasfresser im Auge behaltend folgten wir dem Verlauf des Grabens und stießen auf einen Kaffernbüffel Kadaver. Wenige Meter neben dem Kadaver befand sich ein Busch, in dem ein Löwenmännchen lag und ganz offensichtlich auf den Kadaver aufpasste, während ein weiteres älteres Löwenmännchen im hohen Gras am Graben lag und schlief.
Zwar war der Büffel aufgebrochen und viele der Innereien schon verspeist, aber noch war mehr als genug Fleisch an dem Kadaver vorhanden und die Löwen hatten guten Grund ihre Beute nicht aus den Augen zu lassen. Allerdings sah es zunächst nicht so aus, als wolle einer der beiden Löwen weiter fressen. "Zurück zu den Geparden?" fragte ich Holger und er nickte. Die gefleckten Jäger lagen, zumindest als wir sie verlassen hatten, ganz in unserer Nähe und tatsächlich fanden wir sie nur 20 Minuten später wieder. Da weder die Löwen noch die Geparde gewillt schienen sich wirklich zu bewegen, beide aber mehr oder weniger in unmittelbarer Nähe waren, entschieden wir uns erst einmal selber zu Frühstücken. Während wir uns in ca. 300 Meter Entfernung zu den Geparden einen Frühstücksplatz aussuchten und Tee, Eier, Speck und Toast auf dem Klapptisch im Bullfänger ausbreiteten, standen die Geparden plötzlich auf, kamen ein Stück auf uns zu und legten sich dann unter einen Busch. Für uns war der Platz perfekt, die Katzen schienen sich nicht an uns zu stören und reagierten sogar kaum, als eine junge Hyäne ihr Versteck inspizierte. Während wir Frühstückten und die Geparden schliefen, kamen plötzlich mehrere Fahrzeuge und natürlich entdeckten sie die Geparden. Unsere anfängliche Idylle war plötzlich gestört und wir nicht mehr alleine mit den Geparden. Richtig Lustig wurde es allerdings, als ein Land Cruiser zu uns herunter gefahren kam und der Fahrer erkärte. "The people in the cars are not amused, because you are in there picture!" Holger und ich sahen uns an. "Äh, sorry. We have been here before the Cheetahs and you!" aber natürlich wollten wir keinen Stress und Streit und so räumten wir kopfschüttelnd und etwas enttäuscht unsere Sachen ein und fuhren wieder zurück zu den Löwen mit dem Kadaver.
Der Löwe, der anfangs neben dem Busch lag, hatte sich inzwischen neben den Kadaver gelegt und behielt von dort aus die immer mehr werdenden Geier im Auge und unter Kontrolle. Der zweite Löwe hingegen hatte sich noch nicht wirklich bewegt und schlief immer noch. Inzwischen hatten wir erfahren, dass es sich um Speerboy und Notch 2 handelte. Zwei alte Haudegen aus der Mara, die ich bisher aber noch nie beobachtet hatte. Speerboy verdankte seinen Namen einer alten Speerverletzung aus seiner Jugend, die ihn damals fast das Leben gekostet hätte und seit der er stark humpelte. Neben der Einschränkung beim Laufen, hatte die schwere Verletzung auch seine gesamte Entwicklung etwas gehemmt, denn seine Mähne war eher spärlich ausgebildet und er sah jünger aus, als er tatsächlich war. Sein Mitstreiter war der deutlich ältere Notch 2. Aber weder das hohe Alter von Notch 2, noch die alte Speerverletzung hatten die beiden daran gehindert eine ausgewachsenen Kaffernbüffel Kuh zu erlegen und die Beute gegen Hyänen und andere zu verteidigen.
![]() Neugierig, was der Tag uns an weiteren Beobachtungen bringen würde, fingen wir an zwischen den Löwen und den Geparden hin und her zu pendeln. Nachdem Speerboy sich den ganzen Vormittag alleine am Kadaver aufgehalten hatte und auch hin und wieder an der Beute fraß und herumriss, erschien sein Jagdbegleiter erst am frühen Nachmittag. Gemeinsam und ohne Streitereien fraßen beide Löwen am Büffelkadaver. Die Geparden hingegen wurden erst am Abend munter. Während wir immer wieder zwischen Löwen und Geparden hin und her fuhren, trafen wir zwischendurch auf eine kleine Elefantenherde und verbrachten einige Zeit mit den Dickhäutern.
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![]() ![]() ![]() Die Zeit bis zur Dämmerung verbrachten wir dann bei den Geparden. Die fünf Jäger hatten auch am Abend immer noch stramme Bäuche, aber es machte trotzdem den Eindruck als wären sie bereit zu jagen. Eine ungewöhnliche Jagdzeit für Geparden zwar, aber es war ja auch eine ungewöhnliche Gruppe. Sich in der Umgebung umsehend, zogen die Fünf in Richtung Sekenani Gate bzw. Kekorok. Wir folgten ihnen so lange unsere Zeit es zuließ, mussten dann aber Abrechen, weil wir rechtzeitig durch das Talek Gate das Reservat verlassen mussten. Bis zum Schluss hatten sich keine Beutetiere in ihrem Umfeld aufgehalten und wir waren gespannt ob wir sie am nächsten Tag wieder finden würden. Zum Glück wären wir ja nicht die Einzigen, die nach ihnen suchen würden.
Die Jäger werden zu Gejagten Der folgende Tag begann für uns genauso dunkel wir der Tag davor und wieder stießen wir im ersten Licht des Tages auf eine junge Topi. Diese kleine Antilope hatte allerdings weniger Glück mit ihrem Lebensstart gehabt als ihre Artgenossin vom Vortage. Nur wenige Tage auf der Welt war sie Beute einer Gruppe von vier Hyänen geworden. Lautstark und in typischer Hyänenmanier kichernd und rufend, rissen die vier Jäger ihre Beute auseinander und verschlangen gierig die erbeuteten Fleischstücke.
Nach dem blutigen Start in den Tag suchten wir kreuz und quer im Hammerkop Gebiet nach den fünf Geparden. Hin und wieder trafen wir auf andere Fahrzeuge, deren Fahrer und Fotografen ebenfalls nach den Katzen suchten. Wir tauschten uns meist kurz aus und jeder von uns hatte seine Ideen und Theorien, aber keiner wusste wo die Katzen geblieben waren. Doch dann tauchten sie plötzlich und unerwartet vor uns auf. Aber dieses Mal lagen die Katzen nicht satt und faul herum, sondern sie waren auf der Jagd. Quer über eine weite offene Grasfläche hatten sie gerade eine Topi Antilope und ihr Kalb in das Visier genommen, als wir sie entdeckt hatten. Uns blieb keine Zeit für die Suche nach einer guten Position, wir konnten ihnen nur mit einem gebührenden Abstand folgen. Abgesehen davon, dass es in dem Gebiet weit und breit keine Deckung gab, versuchten die fünf Geparden gar nicht erst sich unsichtbar zu machen. Mit gesengten Köpfen und angespannten Muskeln gingen sie geradewegs auf die Topimutter und das Kalb zu. Noch kehrten beide den Raubkatzen den Rücken zu, doch dann entdeckten sie die schnellen Jäger, aber da war es schon zu spät. Kaum hatte die Topi einen ersten Sprung gemacht, verfielen die Geparde aus dem Trab innerhalb von Sekunden in den Spurt, mit langen, gezielten Sprüngen stürmten alle fünf Geparde vorwärts und auf die überrumpelten Antilopen zu. Während der erste Gepard die Mutter angriff und verfolgte, schlugen und rissen zwei folgende Geparden die junge Topi zu Boden. Alles passierte in Sekunden und als wir den Schauplatz erreichten, lagen vier der Jungs bereits mit blutverschmierten Maul um das Kalb herum. Der fünfte hetzte immer noch das Muttertier, während am Horizont plötzlich ein junges Löwenmännchen, gefolgt von mit mindestens sieben weiteren Löwen, auftauchte und zielstrebig auf den Kill und die vier Geparden zugelaufen kam.
Die Geparde verloren an diesem Morgen ihre Beute nicht nur genauso schnell wie sie sie gemacht hatten, sie wurden auch selber zu Gejagten. Denn das Interesse an dem für die vielen Löwen viel zu kleinen Kadaver hielt nur wenige Minuten. Während ein junges Männchen die gestohlene Beute für sich beanspruchte, setzten die Weibchen des Rudels zielstrebig und im Spurt den Geparden nach. Schnell wurde klar, hier ging es nicht darum die Geparden zu vertreiben, hier ging es um Mord. Für die Löwen gab es nur ein Ziel, sie wollten an diesem Morgen Geparden töten. Mit langen Sprüngen setzten sie den kleineren Raubkatzen nach, hetzten sie vor sich her und trieben innerhalb kürzester Zeit alle fünf Geparde auseinander. Die wilde Jagd war unübersichtlich und wir standen mit dem Fahrzeug mittendrin. Immer wieder blickten die Geparden Männchen sich ängstlich um und sprinteten dann vor den Löwen davon. Soweit wir es beobachten konnten schaffte es keiner der Löwen den Geparden gefährlich nahe zu kommen und nach ca. 20 Minuten ließ die Kondition der Löwen nach. Aber auch die Geparde lagen entkräftet in der Savanne. Während die Löwen sich nach ihrer Hetzjagd in den Schatten einiger Büsche zurück zogen, fanden die Geparden sich nach einiger Zeit zu einer zweier und zu einer dreier Gruppe zusammen.
Anfangs waren sie zu ausgepowert um einander zu suchen. Doch nach einer Weile fingen sie an, in typischer Gepardenart zu rufen bzw. zu "mauzen". Die eher kläglichen Laute und Rufe führten allerdings zu keinem Erfolg. Aber beide Gruppen waren schlau und erfahren genug um sich möglichst weit von den Löwen zu entfernen. Dummerweise entfernten sie sich dabei auch immer weiter voneinander. "Wow! Das war knapp!" sagte ich. "Hast du so etwas schon einmal beobachtet?" fragte Holger und ich schüttelte den Kopf, während wir abwechselnd zu den beiden Geparden Gruppen fuhren um zu sehen wie sie sich verhalten würden. Alle Geparden waren ganz offensichtlich irretiert und blickten sich suchend nach ihren Jagtgefährten um. Immer wieder brachen sie auf und liefen suchend und rufend durch die Savanne. Aber zunächst sah es nicht so aus, als ob sich ihre Wege sobald kreuzen würden. "Frühstück?" fragte ich Holger und dann suchten wir uns unseren eigenen Baum bzw. Busch für ein ungestörtes Frühstück. "Was für ein wahnsinniger Morgen!" stellte ich begeistert fest, während ich die Milch für unseren Tee in eine leere Wasserflasche umfüllte. "Hast du schon eine Idee, wie du das in den nächsten Tagen noch toppen willst?" fragte Holger lachend. "Ne, aber ich arbeite daran!" antwortete ich und schob mir etwas gebratenen Speck in den Mund.
Nach dem Frühstück suchten wir wieder nacheinander die beiden Geparden Gruppen auf. Sie waren nicht mehr als 1000 bis maximal 2000 Meter auseinander, aber die Entfernung war für ihre Rufe zu weit und im Gegensatz zu uns, die von unserer Position beide Gruppen sehen konnte, konnten sie sich gegenseitig nicht sehen. Die Löwen lagen weiterhin im Schatten der Büsche und schienen jegliches Interesse an den Geparden verloren zu haben. "Lass uns nachsehen, was von dem Büffelkadaver noch über ist. Schätze die Geier haben den Kill schon übernommen!" schlug ich Holger vor und dann fuhr ich in Richtung des Kavernbüffelkadavers. Erstaunt stellten wir wenig später fest, dass die beiden Löwenmännchen immer noch am Kadaver festhielten und neben bzw. in seiner Nähe ausharrten.
"Hast du einen Plan?" fragte Holger nach einer Weile. "Wenn du einverstanden bist, würde ich gerne das Wildlife Drama von heute Morgen bis zum Ende miterleben! Denn hungrig müssen sie ja auch noch sein, heute Morgen haben sie ja kaum etwas von ihrer Beute abbekommen. Zuletzt gefressen haben sie, nach den Infos von dem Fahrer gestern, vor 3 Tagen." anwortete ich. "Fraglich ob sie nun getrennt losgehen!" erwiderte Holger, "Eben, her gibt es etwas zu lernen und mitzuerleben. Das ist Mara Geschichte und wir sind mitten drin!" fügte ich tatsächlich neugierig hinzu. Die Entscheidung war also gefällt und wir verbrachten den Rest des Tages damit zwischen den beiden Geparden Gruppen hin und her zu pendeln. Während die beiden Geparden die sich zusammengeschlossen hatten aktiv versuchten die anderen Drei wieder zu finden und immer wieder Anhöhen aufsuchten und sich in der Umgebung umsahen oder suchend in der Umgebung herumschnüffelten um eventuell die Fährte der Freunde zu finden; waren die anderen drei Geparde mehr mit sich selbst beschäftigt oder einfach nur glücklich, dass sie überlebt hatten. Die Dreier Gruppe beschäftigte sich mit intensiver Kontakt- und Fellpflege oder mauzten hin und wieder rufend. Sie machten eher den Eindruck als wollten sie gefunden werden, während die anderen beiden aktiv suchten.
![]() ![]() -------------------------------- ![]() Fast Five - Zweier Gruppe 26.10.19 ![]() ![]() Wir blieben bis zum Einbruch der Dämmerung in der Nähe beider Geparden Gruppen und waren sehr skeptisch ob sie es in der Nacht schaffen würden sich wieder zu vereinen, zumal die Löwen immer noch in der Gegend waren. Als sich der aufregende Tag dem Ende neigte fuhren wir zurück in das Aruba Camp. Für einen Sundowner im Bush war es zu spät geworden und so wollten wir dieses Ritual gleich nach Ankunft im Camp nachholen. Aber bevor wir an diesem Abend zum gemütlichen Teil übergehen konnten, mussten wir erst einmal, mit verstärkung eines Masai, eine ganze Armee "Safari Ants" (übel beissende Wanderameisen) umleiten, um unser Zelt zu sichern. Anschließend trafen wir dann Margit (Kiwara Safaris), die mit ihren sympathischen Gästen Steffi und Andrea unterwegs war und ebenfalls im Aruba Camp übernachtete. Zusammen mit den dreien, sowie Gerdi, Maggy (einer ambitionierten Fotografin), verbrachten Holger und ich einen unterhaltsamen Abend beim Dinner und im Kreis der Mädels, ehe wir zurück in unser abseits gelegenes Zelt verschwanden.
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