Satte Löwen und verspielte Servale Da wir wieder einmal vor Sonneaufgang gestartet waren, erreichten wir das Ol Kiombo Gebiet, während gerade die ersten Sonnenstrahlen die Ebene erhellten. Wir staunten nicht schlecht, als wir gleich mit dem ersten Licht des Tages ein Löwenrudel aufspürten, welches vermutlich in der Nacht zwei Gnus gerissen hatte. Wir kamen gerade rechtzeitig um mit zu erleben wie eines der alten Weibchen einen schon angefressenen Kadaver in den Schatten zerren wollte. Zwei weitere, jüngere, männliche Mitglieder des achtköpfigen Rudels, waren mit dem zweiten Kadaver beschäftigt. Während die anderen Raubkatzen zunächst im Schatten einiger Büsche und am Rande eines tieferen Grabens lagen. Insgesamt bestand das Rudel, bei dem es sich um das Moniko Pride handelte, aus drei erwachsenen Weibchen, zwei jüngeren Weibchen und drei jüngeren Männchen. Alle acht Raubkatzen machten einen mehr als gut genährten Eindruck und speziell die Jungen Löwen hatten kugelrunde Bäuche. Was die jungen Raubkatzen aber nicht daran hinderte ausgelassen herum zu toben und ihre Jagd- und Tötungstechniken an den bereits toten Gnus sperisch zu verfeinern, sowie an den beiden Kadavern zu fressen.
Als nach einer Weile vier hungrige Tüpfelyänen und ein Schabrackenschakal auftauchten änderte sich das spielerische Verhalten der Löwen sofort. Während die Hyänen vorsichtig immer näher an einen der Kadaver heran schlichen, näherte sich der Schakal dreist und frech auf direktem Weg dem Ziel seiner Begierde. Immer wieder kamen die Löwen aus dem Schatten der Büsche hervor gesprintet und stürmten auf die Hyänen los. Diese wichen jeweils geschickt aus und verspotteten die Raubkatzen mit ihrem typischen Gekicher. An die Beute kamen die vier Hyänen allerdings nicht heran. Mehr als eine Stunde zog sich dieser Kampf um die Beute hin, dann zogen sich die Hyänen erst einmal wieder zurück.
![]() ![]()
![]() ![]()
![]() Unweit des Spektakel der Großen, fand fast im Verborgenen ein andere Kampf um das Überleben statt und wieder einmal bewiesen die Kibitze, in diesem Fall Kronenkiebitze, ihre Verteidigungsbereitschaft. Todesmutig baute sich einer der kleinen Vögel vor einem nach Nahrung suchenden Nilwaran auf und schaffte es tatsächlich das große Reptil zu vertreiben. Selbstbewusst und argwöhnisch blickten die Elternvögel dem davon schleichenden Waran hinter her, der nun auf die leckeren Eier oder Jungvögel verzichten musste.
Währenddessen fraßen die Löwen abwechselnd von den Beutetieren. Nach knapp drei Stunden in der sengenden Sonne tauchten dann erste Geier am Himmel und wenig später an einem der Kadaver auf. Wieder versuchten die Löwen ihre Beute zu verteidigen, aber eigentlich waren sie zu satt und es war einfach zu heiß um den sinnlosen, ermüdenden Kampf gegen die immer wieder auffliegenden Geier zu führen. Es war für die Löwen einfach unmöglich in der Hitze an diesem Vormittag neben dem Kadaver liegen zu bleiben. Gegen Mittag gaben die Löwen den ersten Kadaver auf, während sie den zweiten weiter in den Schatten zogen. Kaum aber hatten die Löwen den Kadaver für die Ass fressenden Vögel freigegeben, fielen gut 25 Geier über die Beute her und nach nur 30 Minuten war ein Großteil der Haut verschwunden und die Rippenbögen fast fleischlos.
Kurze Zeit später erschienen auch wieder die Hyänen am Kadaver und fraßen zusammen mit den Geiern. Gegen Mittag verließen wir den Schauplatz um endlich im nahen Mara Bush Camp einzuchecken. Es war heiß geworden und die Sonne brannte durch das offene Dach auf unsere Hüte. Unsere Kopfbedeckungen schützten uns zwar vor einem Sonnenbrannt, nicht aber vor er Hitze und so genoss Petra den leichten Fahrtwind, während sie oben aus der Dachluke nach Wild suchte. Kurz vor dem Camp erwartete uns eine recht große Herde von Masai Giraffen und ließ sich von unserer Anwesenheit nicht im geringsten stören. Die langhälsigen Tiere standen fast regungslos im Gras und schienen uns zu ignorieren. Nachdem wir so eine Weile zusammen verbracht hatten und wir irgendwann genug von der Nichtachtung hatten, bog ich ab in das Mara Bush Camp, wo wir unser Zelt bezogen und erst einmal im Schatten unserer Terrasse etwas ausruhten..
![]() Als wir am frühen Nachmittag zurück zu dem Löwenrudel fuhren hatten sich alle Löwen im dichten Gebüsch verborgen. Den zweiten, relativ unversehrten Gnukadaver hatten sie zu sich in das Versteck oder in den Graben gezogen. Der Kadaver den die Löwen den Geiern und Hyänen überlassen hatten, war fast vollständig abgefressen. Anstatt des Löwenrudels mit den Weibchen und den Jungtieren fanden wir am Nachmittag vier halbstarke junge Löwenmännchen, die wohl ebenfalls dem Moniko Rudel zuzurechnen waren. Die allerdings allem Anschein nach ein eigenständiges nomadisierendes Leben führten. Drei der Jungs schienen ungefähr das gleiche Alter zu haben, während einer der vier jünger aussah. Alle vier verband aber augenscheinlich ein inniges Verhältnis, den sie suchten untereinander viel Körperkontakt und Nähe. Wobei einer der älteren es vorzug unter einem Busch zu schlummern.
Um zurück zum Camp zu kommen, mussten wir am frühen Abend erneut das Smelling Crossing durchqueren. Allerdings stellten wir verblüfft fest, dass fast 20 Giraffen am Ufer und in der Furt standen und diese blockierten. Geduldig warteten wir bis alle Giraffen entweder ihren Durst gestillt hatten oder den Weg wieder frei gaben. Es war dabei immer wieder faszinierend zu beobachten, mit welcher Wucht die riesigen Giraffen ihren Kopf nach dem Trinken wieder in die Höhe rissen und dabei einen Großteil des aufgenommenen Wassers durch die Luft schleuderten. Während wir den Langhälsen entspannt zusahen, senkte sich die Sonne am Horizont und es fing an zu Dämmern.
![]() ![]() Obwohl das Mara Bush Camp nicht vollständig ausgebucht war, waren doch für uns ungewohnt viele Gäste im Camp. In den letzten anderthalb Jahren hatten wir das Glück (für uns, nicht für die Camps) dass wir fast immer so gut wie alle alleine waren. Natürlich sind wir nicht menschenscheu, aber am wohlsten fühlten wir uns tatsächlich in der Abgeschiedenheit vor unserem Zelt, wo wir dann auch den Abend mit einer kleinen Käseplatte und einem kühlen Tusker Bier ausklingen ließen. Wir lauschten dem Konzert der Zykaden und der Grillen und ließen noch einmal unsere Erlebnisse der letzten Tage Revue passieren, ehe wir in unserem Zelt verschwanden.
Nachts hörten wir zum ersten Mal das Gebrüll von Löwen und schliefen zufrieden dabei ein. Irgendwann in der Nacht hörte ich dann noch das Schmatzen eines Flusspferdes genau neben unserem Zelt und hoffte, im Halbschlaf, dass der Koloss ein wenig weiter ziehen würde, bevor er Anfing seinen Dung mit dem kleinen Schwanz durch die Luft zu wirbeln. Der Nächste Morgen empfing uns mit einem interessanten Sonnenaufgang, bevor wir auf die stießen, die uns so schön in den Schlaf gebrüllt hatten. Das Moniko Rudel hatte Besuch von einem ihrer Rudelführer bekommen und dieser führte, kurz nachdem wir das Rudel entdeckt hatten, seine Schützlinge in Richtung Talek River davon. Während wir dem Rudel folgten, wurde uns deutlich, wie sehr sich die Rudelgrenzen und Reviere verschoben hatten. Noch vor wenigen Monaten erstreckte sich entlang des Talek das Rudel der Fig Tree Löwen und das Moniko Pride hatte seine Grenzen im Conservency abgesteckt und war damit für uns weitestgehend unsichtbar gewesen. Irgendwo zwischen dichten Büschen in der Nähe des Talek Flusses, legten sich die Moniko Löwen in den Schatten und entzogen sich so unserer weiteren Beobachtung.
Nach dem Start mit den neun Löwen durchkreuzten wir die Graslandschaft entlang des Ol Are Orok sowie vor dem Mara Camp und freuten uns über den bunten Wildreichtum. Schwarzweiße Zebras, braune Gnus, rot-braune Topis, beige Elandantilopen und schwarze Kaffernbüffel standen friedlich zusammen und grasten. Im Wasser und am Ufer des Ol Are Orok dösten wie gewohnt Flusspferde und Nilkrokodile in der Morgensonne. Als wir kurze Zeit später das Smelling Crossing erreichten, trafen wir zu unserer Verblüffung auf die Giraffenherde vom Vorabend und mussten erneut warten, bis die Tiere die Furt freigaben. Nachdem auch wir endlich den kleinen Fluss überquert hatten fuhren wir auf den Rhino Ridge und das braune Grasmehr an seinen Hängen. Unterwegs entdeckten wir inmitten der hohen Gräser auf einem Termitenhügel die Geparden Geschwister. Aber nach wie vor gab es in der Region kein jagdbares Wild.
![]() ![]() ![]() Wir verließen die Geparden nach kurzer Zeit und steuerten die Topi Plains an, ein Gebiet in dem es normalerweise während der Migration nur so von Wild wimmelte. Aber was war in Zeiten eines Klimawandels schon normal? An diesem Tag zumindest entdeckten wir im hohen Gras nicht einen Rücken eines Gnus, Zebras oder Topis, die Plains waren wie leergefegt. Etwas enttäuscht fuhren wir weiter und wollten nach einer alten Bekannten suchen und uns ihr Revier ansehen. Unsere volle Aufmerksamkeit galt nun also der Suche nach der Leopardin Kaboso und ihrem nicht ganz einjährigen Sohn. Im Schritttempo pirschten wir durch das Revier der Leopardin ohne auch nur eine Spur von den beiden Raubkatzen zu finden. Nach insgesamt gut drei Stunden Pirschfahrt suchten wir uns eine gut überschaubare Fläche in der augenscheinlich tierleeren Savanne und Frühstückten entspannt vor dem Fahrzeug. Schon lange hatte ich mir angewöhnt, jede für eine Mahlzeit oder Pause ausgesuchte Stelle mehrfach mit dem Fahrzeug zu umrunden, um sicher zu gehen, dass wir tatsächlich die einzigen waren die dort Speisen würden und nicht etwa irgendwelche Großkatzen unangemeldet erschienen. "Für morgen brauchen wir einen Plan B. Bei so wenig Wild in dieser Region wird es mehr als schwer werden Kaboso am Tage hier aufzuspüren!" erklärte ich Petra, während ich meinen heißen Tee schlürfte und nachdenklich an meiner Zigarette zog.
Nach dem Frühstück durchkreuzten wir noch eine Weile das Leoparden Revier und fuhren dann zwischen den beiden kleinen Flüssen der Region in Richtung Double Crossing. Aber auch hier erwartete uns eine fast tierleere Landschaft. Während die Region zwischen Talek und Lookout Hill nur so von Wild wimmelte, waren auf dieser Seite des Talek Flusses, kaum Tiere zu beobachten. Als die Sonne hoch über uns im Zenit stand fuhren wir nachdenklich zurück in das Bush Camp und gönnten uns eine kurze Pause im Schatten unseres Zeltes. "Und, hast du eine Idee für heute Nachmittag?" fragte Petra mich gespannt. "Irgendwo muss das Topi Pride sich ja aufhalten und irgend etwas müssen diese Löwen ja auch fressen. Ich denke wir suchen heute Nachmittag noch einmal auf und um den Ridge nach den Löwen!" Um meine Gedanken zu untermauern nahm ich Kontakt mit den Sunworld Fahrern im Camp auf und versuchte neue Informationen zu bekommen. So erfuhr ich unter anderem, dass sich irgendwo auf dem Ridge in einem schwer zugänglichen Gebiet eine Löwin mit Neugeborenen versteckt halten sollte. Nach dieser Information und einer kleinen Pause brachen wir gegen 15:00 Uhr wieder auf und fuhren in Richtung Rhino Ridge, nutzten dieses Mal aber das Double anstatt das Smelling Crossing. Es sah ganz so aus, als hätten wir die Richtige Entscheidung getroffen, denn nach kurzer Zeit entdeckten wir zwei große starke Löwen Männchen die sich oben auf dem Rhino Ridge zwischen lockeren Büschen aufhielten. Wenig später entdeckten wir eine, einem Topi vergeblich auflauernde, jagende Löwin.
Nachdem die Warnrufe der Topis die weitere Jagd sinnlos gemacht hatten und sich die Löwin zwischen einige Büsche zurückgezogen hatte, fingen wir an die Umgebung mit dem Fernglas abzusuchen. "Da oben, da oben liegt eine weitere Löwin und ich glaube auch Kleine!" zeigte ich mit dem Finger auf die Hügelspitze. Angespannt sah Petra durch ihr Fernglas und bestätigte meine Beobachtung. "Sieht nach einem ruhigen und sicheren Platz aus! Da oben kommt auf jeden Fall kein Fahrzeug hin!" ergänzte sie. Wir sahen eine ganze Zeit hinauf zu der Löwin und ich überlegte ob und wie ich ein halbwegs brauchbares Bild von der Raubkatze und ihrem Nachwuchs hinbekommen könnte. Entschieden uns dann aber gegen den Versuch. "Vielleicht haben wir ja Glück und sie kommt im Laufe der Woche mit den Kleinen hinunter!" sagte ich während wir zurück fuhren um noch einmal nach den Löwen Männchen zu sehen. Wir kamen gerade rechtzeitig um zuzusehen, wie der dunklere der beiden Unterwegs war um über den Hügel in Richtung der beiden Löwen Weibchen zu laufen. Das andere Männchen hingegen lag verschlafen gähnend dort wo wir es am frühen nachmittag gefunden hatten. Nachdem wir die Löwen verlassen hatten, nutzten wir die Rückfahrt zum Camp um noch einmal nach den jungen Geparden Ausschau zu halten, konnten diese aber nicht wieder aufspüren.
Inspiriert durch die Meldungen über Junge Servale, überquerten wir am nächsten Morgen den Talek durch das Intrepid Crossing und fuhren in Richtung Rongai River, wo mindestens zwei Seval Mütter ihren Nachwuchs groß ziehen sollten. Erste Meldungen hatte ich schon vor Wochen über Facebook erhalten und so war uns klar, dass wir nicht mehr die ganz kleinen Fellknäuele zu sehen bekommen würden, sollten wir die kleinen Katzen überhaupt finden. Zuletzt waren sie nun an einem hohlen Baumstamm ganz in der Nähe des Rongai River Ufers gesehen worden. Zunächst führte unsere Route durch trockenes, wie ausgestorben wirkendes Grasland. Doch dann entdeckten wir durch einen glücklichen Zufall, nur 40 Minuten nach dem Sonnenaufgang, das neue Versteck der kleinen Servale. Die zugegebener Weise gar nicht mehr so klein waren. Als neuen Unterschlupf hatten sie sich einen Verlassenen Erdbau gesucht. Um diesen Erdbau herum waren sie nun ausgelassen am Spielen und Toben. Die Seval Mutter schien auf der Jagd zu sein, zumndest konnten wir sie an diesem Morgen nicht entdecken. Aber wer brauchte schon einen jagenden Serval, wenn er die Chance hatte drei niedlichen, immer noch plüschigen Serval Jungen beim Spielen zuzusehen! Die drei kleinen Katzen tobten übermütig herum, jagten sich gegenseitig, fingen imaginäre Beutetiere, machte weite und hohe Sprünge, um dann im nächsten Moment in einem gemeinsamen Knäuel durch das Gras zu rollen. Wir hatten das Gefühl, ihre Energie war endlos doch nach einer Stunde wurden die drei tatsächlich müde und verkrochen sich in ihrem Erdbau.
![]() ![]()
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Wir nutzten die Gelegenheit und zogen uns vom Bau zurück um irgendwo in Ruhe und Abgeschiedenheit zu Frühstücken. Ein passender Baum und überschaubares Gelände war schnell gefunden und das mitgeführte Frühstück ebenso schnell aufgebaut. Als sich dann auch noch, so ganz langsam, die Sonne durch die an diesem Tag wieder dichte Wolkendecke schob wurde es zu einem gemütlichen Morgen, auch wenn wir im Stehen neben dem Land Cruiser frühstückten. "Sitzen tun wir doch den ganzen Tag!" hatte Petra interveniert, als ich die Stühle aus dem Land Cruiser holen wollte. Nach dem Frühstück sahen wir natürlich wieder nach den kleinen Servalen, aber die kleinen Katzen blieben in ihrem Versteck verborgen. "Mal sehen, was der Rongai so für uns zu bieten hat!" sagte ich und fuhr in Richtung des kleinen Fluss, der sich in dem Gebiet durch die Mara schlängelte. Auch der Rongai führte nur noch wenig Wasser, aber dieses wenige Wasser reichte um jede Menge Wild anzuziehen. Und so beobachteten wir Elefanten, Hyänen, Strauße, Giraffen, Gnus und andere Antilopen, sowie jede Menge Zebras am und um den Flusslauf. Am späten Vormittag erreichten wir wieder den Bau der Servale und erlebten so die zweite, wilde Spielrunde der Miniraubkatzen. Zwei Stunden Schlafen hatte ausgereicht um genügend Kraft zu tanken für ausgelassene Jagd- und Fangspiele. Als die jungen Servale gegen Mittag wieder ruhiger wurden, verließen wir schweren Herzens den Schauplatz und fuhren zurück in Richtung Camp.
![]() ![]() ![]() ![]() ![]()
![]() ![]() ![]()
![]() "This morning, Neema was seen next to the Conservancy!" erfuhr ich im Mara Bush Camp, dass die Geparden Mutter die wir im Frühjahr mit ihren drei damals recht kleinen Jungen über mehre Tage beobachtet und begleitet hatten, am Morgen an der Grenze zum Conservancy Gebiet gesichtet worden war. "Brauchst du eine Pause?" fragte ich Petra. "Wenigstens etwas Trinken und eine Zigarette!" sah Petra mich an. "Na klar, pole pole. Wir haben ja eh noch unseren Salat im Auto und können ja auch draußen eine längere Pause machen!" antwortete ich. "Deine längeren Pausen im Bush kenne ich!" grinste Petra. Kurz darauf waren wir wieder im Bush und unterwegs in Richtung Conservancy. Von den Geparden entdeckten wir zunächst keine eindeutige Spur, wobei der von einem Ohrengeier beanspruchte Thomson Gazellen Kadaver sehr gut von den Geparden hätte stammen können. Da wir die Geparden nicht finden konnten, suchten wir uns zunächst einmal einen Platz um in Ruhe unseren Salat zu essen. Anschließend ging die Suche nach den gefleckten Katzen dann weiter. Anstatt der Geparden entdeckten wir ein anderes Highlight. Im lichten Sträucherwerk stand eine Impala Mutter mit einem neugeborenem Kitz. Die kleine Antilope stand noch etwas wackelig neben ihrer Mutter und war sicher nur wenig älter als eine Stunde. Die Impala Mutter leckte ihr Kleines liebevoll trocken und sauber, während sie aufmerksam die Umgebung im Auge behielt. Zwar schon ein wenig älter aber nicht wenig niedlich war der Nachwuchs der Warzenschweine, der ebenfalls nicht von Mutters Seite wichen.
![]() ![]() ![]()
Die Mara hatte aktuell jede Menge Nachwuchs zu bieten, da konnten auch die, bei den meisten als Vegetarier bekannten, Paviane nicht widerstehen. Wie uns zwei beeindruckend große Pavian Männchen eindrucksvoll bewiesen. Während der eine einen Rippenbogen abkaute, beschäftigte sich ein zweiter Pavian mit dem Rest eines Kadavers. Es war nicht das erste Mal, dass wir Paviane beim Verzehr von Fleisch beobachtet hatten. Schon öfter hatten wir sie mit erbeuteten Vögeln oder kleinen Antilopen gesehen. Dennoch ist es immer wieder ein Unterschied, ob man zusieht wie eine Raubkatze eine Antilope frisst und mit dem Maul Stücke aus der Beute reist oder beobachtet wie ein sehr menschenähnlicher Affe seine Beute genüssliche zwischen den Händen dreht. Das störende Fell mit spitzen Fingern beiseite schiebt und von einem Antilopenschenkel abbeißt, als würde unser einer eine Lammkeule essen. Zwischendurch sah es so aus, als würde der Pavian liebevoll in das Gesicht mit den inzwischen leeren Augenhöhlen blicken, tatsächlich überlegte er aber nur, wie er an die leckere, kleine, rosa Zunge der Antilope kommen konnte. Was er am Ende mit spitzen, vorsichtigen Fingern und dann brutalen Abkauen des Kopfes erledigte. "Dann lieber 10 Hyänen in einem stinkenden Flusspferdkadaver!" bemerkte Petra als wir den aus ihrer Sicht etwas schaurigen Schauplatz endlich verließen.
![]()
![]() Da es uns nicht möglich war weiter in das Conservancy vor zu dringen, drehten wir ab in das nicht weit entfernte Jagdgebiet der Leopardin Kaboso und dies erwies sich als eine goldrichtige Entscheidung. Ganz offensichtlich hatte sich die Leopardin an diesem späten Nachmittag sehen lassen, den einige Fahrzeuge suchten intensiv nach der Raubkatze. Mehrere Fahrzeugbesatzungen warteten vermutlich schon etwas länger auf das erneute auftauchen der Leopardin und standen in der Nähe des Kaboso Crossing, einer kleinen, zur Zeit fast ausgetrockneten Furt, vor einer dichten Buschreihe. Wir verschafften uns einen Überblick und dann baute ich mich mit dem Fahrzeug auf der Rückseite der Büsche auf. Nach einiger Zeit tauchten erst einige junge Warzenschweine und dann ein Hase am Rande des Buschwerks auf. Von der Leopardin allerdings gab es kein Lebenszeichen. "Konzentrieren wir uns also auf die Beute!" erklärte ich Petra meine Taktik und lauschte in den Busch. "Warum denkst du, dass du mehr weist als die anderen? Du hast sie doch noch gar nicht gesehen!" fragte Petra etwas skeptisch. "Weil ich sie kenne und weiß wie gerne sie Hasen frisst!" antwortete ich und hob den Finger, als wir plötzlich quietschende Laute aus dem Busch hörten. Sofort steuerte ich den Land Cruiser in die Richtung aus der ich die Laute gehört hatte. Kaum vor dem Bush angekommen, rannte auf einmal wieder ein Hase an uns vorbei und wenig später auch zwei junge Warzenschweine. Die Leopardin aber blieb weiter verborgen. Dann war sie auf einmal da, kreuzte kurz unser Blickfeld und verschwand lautlos wieder im Bush. Jetzt wussten wir zumindest wo sie war. Gespannt bauten wir uns mit dem Land Cruiser vor dem vermeintlichen Bush auf und suchten mit dem Fernglas das Dickicht ab. "Da, da liegt sie!" rief ich als ich ein paar Punkte und Flecken durch das recht dichte Blätterwerk ausmachen konnte. Regungslos lag die Katze im Gebüsch, nur ihre kaum zu sehende Schwanzspitze zuckte hin und wieder ganz leicht. Gerade wollte ich Petra mitteilen, dass die Leopardin vermutlich Beute im Visier hatte. Da schnellte die Leopardin ein kleines Stück nach vorne, entschwand kurz unserer Blicke und erschien dann mit einem Hasen im Maul genau neben unserem Land Cruier. "Kill!" rief ich freudig und ein wenig aufgeregt.
Als die Leopardin sich dann auch noch ganz in unserer Nähe vor die Büsche legte um ihre kleine Beute zu rupfen und zu fressen war ich mehr als zufrieden mit diesem ansonsten entspannten Tag. Mit ihrer rauen Zunge befreite Kaboso den kleinen Hasen von seinem fusseligen Fell und fing dann an die Minibeute mehr oder weniger mit Haut und Knochen zu verschlingen. Anschließend putzte sie sich mit ihrer Zunge und rollte zufrieden im Gras hin und her. Ihr auffällig runder Bauch konnte unmöglich von dem Hasen stammen, sondern bestätigte eher das Gerücht um eine erneute Trächtigkeit. Nachtrag: Mitte Januar 2022 wurde die Leopardin zum ersten Mal mit ihrem neuen Baby beobachtet und bestätigte so unsere Vermutung!
![]() Gerade als die prächtige Raubkatze dabei war sich ausgiebig zu strecken und zu recken, war auf einmal das unüberhörbare Getrampel von hunderten von Rinderhufen zu vernehmen und die ersten Rindviecher waren schon auf der nahen Piste zu sehen. Natürlich rechneten wir mit der sofortigen Flucht der Leopardin, sahen dann aber verblüfft zu, wie die Raubkatze vorsichtig an den Rand der Büsche schlich und sich aufrecht sitzend die vorbei ziehenden Rinder ansah. Ganz offensichtlich dachte sie dabei keine Sekunde an Beute, sie beobachtete einfach nur. Erst als die ersten Masai Hirten auftauchten, machte die Leopardin sich lautlos unsichtbar und verbarg sich zwischen den Büschen. Dieses Verhalten war fast spannender zu beobachten als die Jagd auf den Hasen.
Mit vielen spannenden Bildern im Kopf verließen wir den Ort der Geschehnisse und fuhren zufrieden zurück in das Mara Bush Camp wo wir einen weiteren aufregenden Tag am Lagerfeuer ausklingen ließen, bevor wir uns mit einem leckeren Dinner verwöhnt wurden und in unserem Zelt direkt am Ol Are Orok verschwanden. Der Abend wurde bis tief in die nacht von dem brüllen zweier Flusspferdbullen begleitet. Irgendwo, ganz in der Nähe musste ein erbitterter Revierkampf am Ufer getobt haben. |