Viel Zeit zwischen Raubkatzen Neugierig starteten wir den nächsten Tag und brachen nach den gewohnten Ritualen mit Tee und Keksen wieder sehr früh auf. Wie am Vortag besprochen war unser erstes Ziel der Büffelkadaver, und ich war gespannt, ob die Löwen die Reste ihrer Beute bereits den Hyänen und Schakalen überlassen hatten. Wieder waren wir noch vor Sonnenaufgang an der besagten Stelle und konnten schon von Weitem sehen, dass die Löwen ihre Beute immer noch kontrollierten. Zumindest entdeckten wir schon auf größere Entfernung eines der Löwenmännchen, also Silke und ich entdeckten eines der Löwenmännchen. Kurz darauf waren wir dem mächtigen Pascha dann so nahe, dass alle ihn gut sehen konnten. Leicht hinkend lief der Löwe durch die offene Grassavanne. Am Kill selber lag ein weiteres Männchen und schlug sich weiterhin den ohnehin vollen Magen noch voller. Die Weibchen hatten sich in die umliegenden Büsche zurückgezogen. Von Hyänen gab es keine Anzeichen, einzig ein paar Schabrackenschakale schlichen nach wie vor in der Umgebung umher. Die kleinen Löwen kletterten auf ihrer Mutter und ihren Tanten herum und nach einer Weile ließen sie sich genussvoll säugen. Nachdem auch die Jungen satt waren, zogen sich die meisten Katzen in die nahen Büsche zurück und wir fuhren weiter.
Die Sonne hatte sich inzwischen ihren Platz über den wenigen Wolken erkämpft und so wurde es schnell warm. Silke und Falk hatten sich an den vorangegangenen Tagen als sehr gute Spotter bewiesen, und besonders Silke, die genau wie ich auf große Entfernung nach Wild suchte, machte immer wieder bemerkenswerte Entdeckungen. Und dank der inzwischen verinnerlichten Richtungsuhr konnte sie uns ihre Entdeckungen auch weitergeben. Also meistens jeden Falls. Hin und wieder bekamen wir im Grasmeer der Mara auch recht verzwickte Aufgaben von ihr. Dann durften wir mit Angaben wie: "Na, da vorne neben dem grünen Grashalm!" oder "Seht ihr das Blatt da?" das Gelände absuchen! "Das macht so einen Spaß!", freute sich Silke immer wieder, auch wenn wir das entdeckte Wild manchmal als Baumstamm enttarnten. "Alles gut, besser so, als irgendetwas übersehen!" lobte ich ihre Wildbeobachtung. Während wir so durch die Wildnis pirschten, entdeckten wir oft eben auch mit Hilfe unserer Spotter nicht nur große Tiere wie Topis, Klingonen (Kongonis), Impalas, Thomson- und Grant-Gazellen, Zebras, Giraffen oder Elefanten, sondern auch kleine Tiere wie verschiedene Echsen und Schildkröten. Die unzähligen großen und kleinen Vögel erwähne ich gar nicht erst. Und dennoch konnte ich auch an diesem Tag wieder ein neues Tier für die beiden ausfindig machen und zeigte stolz auf ein um diese Jahreszeit eher seltenes Gnu, welches sich zwischen einigen Topis aufhielt.
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![]() ![]() Pelomedusenschildkröten (Pelomedusidae) ![]()
![]() Serengeti-Weißbartgnu (Connochaetes mearnsi) zwischen Topis ![]() Während wir eigentlich nach den Geparden vom Vortag suchten, entdeckte Falk zwischen allerlei anderem Wild zwei Schabrackenschakale, und so hatten wir die Chance, diesen geschickten Jägern ein wenig bei ihrer Jagdstrategie zuzusehen. Unscheinbar zwischen den größeren Antilopen umherlaufend, näherten sich die Schakale immer wieder den kleinen Thomson-Gazellen und einer Warzenschweinfamilie mit Ferkeln. Die Borstenviecher zogen es daher vor ein wenig Abstand zwischen sich und die kleinen Räuber zu bringen. Mit hocherhobenen Schwänzen flüchteten sie. Zwar hatten wir die Schakale auch schon dabei beobachtet, wie sie Gazellen angegriffen hatten, wussten aber, dass sie in erster Linie nach Kitzen suchten. Ähnlich wie unsere Rehe legen Thomson- und Grant-Gazellen ihre Jungen bei Gefahr ab und rennen selber recht auffällig davon, um die Räuber abzulenken. Das wussten die schlauen Schakale aber nur zu gut. Kaum sprintete eine Gazellenmutter davon, fing einer der Schakale an, die Mutter zu verfolgen, während der andere die umstehenden Büsche und Grasbüschel absuchte. An diesem Morgen hatten die kleinen Jäger aber kein Glück und gingen leer aus. Auch ein ebenfalls länger beobachteter Sekretär Vogel erbeutete nur kleinere Käfer und machte keine so spektakuläre Beute wie Schlangen oder Kaninchen. Dennoch war auch diese Beobachtung für unsere Begleitergenauso etwas Besonderes, genauwie eine dahingleitende Wiesenweihe oder ein winziges Giraffenbaby zwischen den Beinen der Eltern.
![]() ![]() Schabrackenschakal (Lupulella mesomelas, Synonym: Canis mesomelas)
![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Sekretär (Sagittarius serpentarius) ![]() Wiesenweihe (Circus pygargus) Da wir die Geparden nicht aufspüren konnten und uns aber in einem sonst sehr wildreichen Gebiet befanden, überraschte ich Petra und Falk mit einem frühen Frühstücksstopp. "Hier ist es doch perfekt. Unten der kleine Fluss, dort drüben Zebras und Topis, da unten Thomson-Gazellen und Warzenschweine!" stoppte ich den Land Cruiser auf einer kleinen Anhöhe im Double-Crossing-Gebiet. Als Silke während des Frühstücks über meine Schulter zeigte und ganz ruhig fragte: "Ist das da vorne eine Hyäne, die da auf uns zukommt?" Ich, nach einem kurzen Schulterblick, antwortete: "Ja, das ist eine Tüpfelhyäne!" Und als alle seelenruhig weiterfrühstückten, wusste ich, dass alle in Afrika angekommen waren. "Oh Mann, was habt ihr bloß mit uns gemacht! Von mir aus können wir heute den ganzen Tag hier sitzenbleiben!", seufzte Silke und legte ihren Kopf an Falks Schulter.
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![]() Nach einem sehr ausgiebigen Frühstück ging es weiter, und damit wir wenigstens eine, der aktuell wenigen möglichen, Flussdurchfahrten zusammen erleben konnten, durchquerten wir kurzerhand den Ol Are Orok River durch das Smelling Crossing, ehe wir wieder anfingen, nach den Geparden zu suchen. Zwar war auch das Smelling Crossing inzwischen zu einer entspannten Furt umgebaut worden, aber immerhin konnten wir so einen der Flüsse durchqueren. Wobei wir auch gleich noch kleine Nilkrokodile auf den Felsplatten im nur wenig Wasser führenden Fluss entdecken und einer Impala bei ihrer Flussüberquerung zusehen konnten. Auch wenn wir an diesem Tag die Geparden nicht wieder aufspüren konnten, so entschädigten uns viele andere gute Tierbeobachtungen und vor allem die Löwen des Topi-Rudels. Die Löwen hatten inzwischen den Büffel fast komplett aufgefressen, einzig der Rippenbogen und der Kopf lagen noch zwischen den Büschen, wo der Büffel getötet worden war. Während an dem Rippenbogen kaum noch Fleisch zu finden war, kaute eines der Männchen und die beiden kleinen Löwen immer noch an dem Schädel des Büffels herum, weshalb wir bis zum Einbruch der Dämmerung bei den Löwen blieben. Bevor sich aber die Sonne ganz verabschiedete, zelebrierten wir auch an diesem Tag unseren Sundowner irgendwo in der Nähe der Löwen, ehe wir zurück ins Aruba Camp fuhren.
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![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Schabrackenschakal (Lupulella mesomelas, Synonym: Canis mesomelas) ![]() ![]() ![]() ![]()
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![]() Der vorest letzte Tag in der Mara Auch wenn Silke und Falk nicht aufhören konnten, zu betonen, wie viel sie schon gesehen und erlebt hatten, so vermisste ich doch trotz der Löwen mit ihrem Kill ein wenig die Action der Mara. Zu gerne hätte ich für mich, aber auch für unsere Begleiter, eine jagende Raubkatze oder, noch besser, einen Life-Kill erlebt. Und was bot sich für so eine live erlebte Jagd, erfolgreich oder nicht, am besten an? Geparden! Elena hatte von Nashipae und ihren vier fast erwachsenen Jungen erzählt. Zwar war die Gepardin verletzt, aber fünf Geparden mussten eigentlich immer hungrig sein und die fast erwachsenen Jungen waren sicherlich schon in der Lage, selber zu jagen, ging es mir in der Nacht durch den Kopf und ließ mich kaum schlafen. So war dann der morgendliche Weckruf von Ruth auch eher eine Erlösung als ein Aufwecken. Für Tee und Keks nahm ich mir an diesem Morgen nur wenig Zeit und war schnell damit beschäftigt, den Land Cruiser mit der Frühstücksbox zu bestücken. "Alles okay bei dir heute Morgen?", fragte Petra besorgt. "Alles gut, will nur rechtzeitig los heute Morgen!", antwortete ich in Gedanken. Obwohl ich Petra nichts von meinen Plänen gesagt hatte, erklärte sie Silke und Falk beim Einsteigen in den Land Cruiser: "Jogi braucht frisches Blut, der wird schon wieder unruhig!" Alle lachten und dann fuhren wir zunächst in das Ol-Kiombo-Gebiet, um erneut nach den Löwen zu sehen. Von dem Kadaver war am jenen Morgen allerdings nichts mehr übrig geblieben und zu sehen. Die Löwen waren aber immer noch in der Nähe. Neben den Kleinen sahen wir auch die alte Löwin. Inzwischen wissen wir, dass es sich bei der Löwin um Autumn, die älteste Löwin in der Masai Mara, handelte. Der alten Löwin hatten die Fleischstücke des Büffels vielleicht das Leben gerettet, denn sie sah nicht nur wieder ein wenig kräftiger aus, sondern bewegte sich auch ganz anders. Wir sahen Autumn auf dieser Safari am 12.02.25 das letzte Mal und freuten uns umso mehr, als wir vor wenigen Tagen im Internet die Nachricht sahen, dass sie am 06.04.25 lebend gesehen worden war.
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![]() Nachdem wir Silke und Falk auf eindrucksvolle Weise zeigen konnten, wie ein ganzer Kaffernbüffel innerhalb weniger Tage von der Bildfläche verschwindet und an dem Platz, an dem er gerissen worden war, schon nach kurzer Zeit so gut wie nichts mehr an das Naturschauspiel erinnert, fuhren wir weiter, um meinen Plan A zu verfolgen. Ich hoffte, gegen Mittag die Gepardin mit ihren vier Jungen zu finden und dann möglicherweise eine Jagd der Geparden zu beobachten. "Do you have some new information about Nashipae or the two Bora boys for me?" schrieb ich deshalb Elena an. Dann fuhren wir zurück nach Talek, von wo aus wir in Richtung Simba Lodge fahren wollten. Aus diesem Gebiet hatte ich die letzten Standortinformationen von der Gepardin. Da unsere Route dorthin, durch eines der Lieblingsjagdgebiete der legendären "Tano-Bora"-Geparden-Männchen führte, hatte ich die alte Allwetterpiste gewählt und ärgerte mich schon nach wenigen Kilometern über die Entscheidung. Die Piste war einfach nur schlecht und wir rumpelten über eine üble Waschblechpiste. Gerne hätte ich auf die neue, etwas weiter unten liegende Piste gewechselt, aber zu allem Ärger mussten wir nun auch noch feststellen, dass das gesamte Tipilikwani-Gebiet seit einiger Zeit "Closed Area!", also Sperrgebiet, war. Es blieb uns also nichts weiter übrig, als der Piste bis zum Abzweig zur Simba Lodge zu folgen bzw. die sanfteren Pisten rechts der Hauptpiste zu nutzen. Kaum waren wir dann in Richtung Simba Lodge abgebogen, kamen uns mehrere Land Cruiser entgegen und ich stoppte einen von ihnen duch Handzeichen. "Do you have any information about the cheetahs here?", fragte ich den Fahrer. "Yes, just follow, they are here!" Der Fahrer zeigte nach vorne und fuhr weiter. Gespannt folgten wir und wunderten uns, als die Fahrt zurück in Richtung Talek Gate führte. Nach zehn Minuten sahen wir jede Menge Land Cruiser und Minibusse vor uns. Touristen auf den Dächern der Minibusse und in den Fenstern der Land Cruiser. Die Fahrzeuge standen in Dreierreihe auf der Piste. Durchkommen war fast unmöglich. Und das Beste war: Niemand schien etwas zu sehen. Touristen starrten durch ihre Ferngläser in alle möglichen Richtungen, Fahrer streckten ihre Arme in die verschiedensten Winkel der Mara. Ich versuchte, mir mit den Land Cruiser einen Weg an den Fahrzeugen vorbei zu bahnen, und wich in das Gelände aus. Dann erblickten wir eine größere Gruppe Topis und ich stoppte. "Darf ich mal das große Fernglas haben?" fragte ich nach dem großen Jagdglas. "Da, da vorne laufen zwei Geparden!" war ich es nun, der seinen Arm ausstreckte. "Jetzt sitzen sie!" Aber das ist nicht die Gepardin, ich glaube, das sind die beiden Bora-Jungs!", führte ich weiter aus. Es dauerte einen Augenblick, bis jeder von uns die beiden nur schwer auszumachenden Geparden in dem hohen Gras entdeckt hatte. "Von hier oben macht das gar keinen Sinn! Ich bin mir nicht einmal sicher, ob sie in Richtung der Topis laufen, ob sie die Topis von ihrer Position aus überhaupt sehen können", erklärte ich weiter. Die Geparden waren gute 800 Meter von uns entfernt und die Topis noch weitere 300 Meter von den Geparden weg. "Wenn überhaupt, dann müssen wir da runter!" zeigte ich auf die neue Piste, die vom Talek Gate zur Simba Lodge bzw. nach Sekenani führte. Gesagt, getan, wir fuhren also zurück und entdeckten einen kleinen Abzweig, auf dem kein Hinweisschild auf gesperrtes Gebiet stand. Nach wenigen Metern auf der kleinen Fahrspur und durch hohes Gras stoppte ich den Land Cruiser. "Was jetzt?", fragte Petra. "Jetzt haben wir, glaube ich, eine Thomson-Gazellen-Geburt um wenige Minuten verpasst!", zeigte ich in das hohe Gras neben mir, wo im selben Moment eine Thomson-Gazelle aufstand und sich ein winziges, nasses Fellbündel mit wackligen Beinen bewegte. "Nicht stören!", bat Petra, als ich den Wagen wieder anließ. "Nein, natürlich nicht, aber so kann keiner etwas sehen!" Ich rollte etwas vor und dann erblickten wir, gut versteckt im hohen Gras, ein kleines, noch nasses Thomson-Gazellen-Kitz. Nach wengigen Minuten ließen wir Mutter und Kitz wieder alleine.
Die ausgesuchte Piste führte uns letztendlich genau dorthin, wo wir wollten. Nur nützte uns die neue Position wenig, um die beiden Gepardenmännchen besser zu beobachten. Die beiden Geparden hatten es vorgezogen, sich im Schatten einer Akazie niederzulassen, und nichts deutete darauf hin, dass sie in naher Zukunft weiterziehen wollten. Die Topis hingegen waren weitergezogen, so dass es alles andere als nach einer bevorstehenden Jagd aussah. "Na ja, wenn auch leider nur mit dem Fernglas, aber ihr habt die letzten beiden Geparden der ehemaligen und legendären Tano-Bora-Gruppe zu sehen bekommen!" Silke und Falk wussten diese Sichtung durchaus einzuschätzen, kannten sie doch unsere Erlebnisberichte der letzten Jahre, in denen wir die ursprünglich aus fünf Geparden bestehende Gruppe regelmäßig beobachtet hatten. "Schade, aber vielleicht kommen sie ja doch noch in unsere Richtung. Ich denke, wir Frühstück erst einmal?", schlug ich vor und suchte nach einem Platz, von wo aus wir die beiden Geparden noch mit dem Fernglas beobachten konnten. Wir entschieden uns für ein Frühstück im Stehen und klappten nur den Fronttisch aus dem Fahrzeuggrill heraus. Auf diese Weise waren wir schnell startklar, falls sich die Geparden doch noch zum Jagen entscheiden sollten. Während wir unser Frühstück vorbereiteten, wurden wir von einigen in der Nähe stehenden Impalas sowie einer Hand voll neudieriger Tüpfelhyänen beobachtet. Wobei letztere auch nicht abgeneigt waren Thomsongazellen Kitze oder unachtsame Mütter zu jagen.
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![]() Es gab also grundsätzlich genug zu beobachten, nur die Geparden rührten sich nicht vom Fleck. "Also wieder Plan A, lasst uns versuchen, die Gepardin mit ihren fast erwachsenen Jungen zu finden!", schlug ich vor und erntete Zustimmung. Da wir ja nun schon einmal auf der neuen Talek-Sekenani-Verbindungspiste in Richtung Simba Lodge waren, war die Pirschfahrt entspannt und ohne das lästige Rumpeln und Geholper. Unterwegs beobachteten wir recht viele entspannte Masai Giraffen, einige Kaffernbüffel, Strauße und die imposante Eland Antilopen Bullen. Trotzdem erreichten wir nach nicht allzu langer Fahrt das Gebiet vor der Lodge. Direkt vor der Zufahrt zur Simba Lodge sprach ich zwei dort postierte Ranger an und fragte nach der Gepardin Nashipae. "Yes, she is up there and sleeping with her cubs under a tree .But it's a closed area, you can't go there!", antwortete mir der Ranger. Da ich wusste, dass die Ranger Ausnahmen zuließen, wenn so gut wie keine anderen Fahrzeuge vor Ort waren, fragte ich noch einmal nach. "Let me call the Ranger there!", erklärte einer der Ranger und kam wenig später zu uns ans Fahrzeug. "Are you able to pay 20 dollars per person to the Ranger there?" sah mich der Ranger fragend an. "20 US$ for sleeping cheetahs, no thank you!" war meine spontane Antwort. Ganz abgesehen davon, dass wir nicht die Absicht hatten, die Korruption einiger Ranger auch noch zu unterstützen. Außerdem hatten wir ja bereits Geparden gesehen. Etwas enttäuscht wendete ich den Land Cruiser und überlegte kurz, dann schlug ich vor, wieder rüber in das Ol-Kiombo-Gebiet zu fahren. "Dort sind keine Pisten gesperrt und die vorhandenen auch in einem trockeneren Zustand. Ganz abgesehen davon, dass dort wesentlich weniger Fahrzeuge unterwegs sind!", erklärte ich meine Entscheidung. Letztendlich hatten wir an diesem Vormittag durch das Hin-und-Her-Fahren zwar einige Wildsichtungen, aber keine wirklich gute Wildbeobachtung gehabt. In der Hoffnung auf bessere und vor allem ruhigere Wildbeobachtung wechselten wir also in das Ol-Kiombo-Gebiet.
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![]() ![]() Raubadler (Aquila rapax) ![]() Kaum auf der anderen Seite des Lalek Rivers angekommen, entdeckten wir die alte Gepardin Nora. Was die Sache richtig spannend machte, war die Tatsache, dass sie nicht alleine war. Nora lag im Schatten einiger Büsche und ganz in ihrer Nähe, im selben Busch, hockte auch das Männchen Oloti. Zwar hatte ich bereits am Vortag Nachricht davon bekommen, dass sich die beiden begegnet waren, aber dass sie immer noch zusammen waren, hatte ich nicht erwartet. "Nora is too old to mate, a mating will be a disaster for her!", hatte Elena mir am Telefon aufgeregt erklärt, nachdem ich ihr von dem Zusammentreffen der Geparden berichtet hatte. Weshalb ich ihr nun auch sofort eine Textnachricht zukommen ließ. Wieder aufgeregt rief sie uns unmittelbar an: "Where are you exactly and will you stay there with her? Please, send me your position and wait for me. I will come soon", ihre Stimme war hörbar angespannt. "Don't worry, we will be here!", antwortete ich und sendete ihr sogleich unseren Standort. Dann wandte ich mich lachend an Petra, Silke und Falk: "So, jetzt haben wir einen wissenschaftlichen Auftrag. Ich habe zugesagt, dass wir mindestens bis zum Eintreffen von Elena hierbleiben und die Geparden im Auge behalten!" Silke fand die Safari sofort noch spannender und so beobachteten wir aus einiger Entfernung die Situation. Zunächst war aber nicht viel zu sehen von den Geparden. Nora schien zu schlafen und von Oloti sahen wir nur hin und wieder den zuckenden Schwanz. Grund genug, eine geeignete Position für die Beobachtung zu suchen und auch ein wenig zur Mittagsruhe überzugehen. Petra baute sich sogleich mit Hilfe eines Handtuchs einen Schattenplatz und Falk und ich erfrischten uns mit einem Savanna Drink.
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Fast eine Stunde lang passierte gar nichts und Silke fragte nach einer Weile: "Wenn ihr alleine unterwegs seid, dann steht ihr öfter mal irgendwo und wartet, oder?" "Oh ja, manchmal stundenlang. Einmal hatten wir mehrere Gepardenmütter mit Jungen, die dicht beieinander waren....oder dann war da noch die Löwin mit dem Kill, wo du den ganzen Tag gewartet hast....und dann....!" Petra fielen unzählige Momente ein, an denen wir irgendwo im Busch neben irgendwelchen Raubkatzen geschlafen und gewartet hatten. Während sie noch am Erzählen war, kam auf einmal Bewegung in den Busch. Nora hatte sich erhoben. Wenige Minuten später erschien das Männchen neben ihr. Während Nora hungrig wirkte und ganz offensichtlich nach Beute Ausschau hielt, hatte Oloti nur Augen bzw. eine Nase für sie. Kaum setzte Nora sich in Bewegung, folgte er ihr und schnupperte an ihrem After. "Oh oh!", dachte ich an Elenas Worte. Aber im Moment sah es noch nicht nach aktivem Paarungsverhalten aus. Nora lief zielstrebig mit hoch erhobenem Kopf vorweg und das Männchen folgte ihr auf Schritt und Tritt. Stoppte Nora, stoppte auch Oloti. Wir folgten den beiden, bis ich eine Vorstellung hatte, wo sie hinwollten, und das war vermutlich der Talek River. Von diesem Moment an versuchte ich, den beiden immer ein wenig voraus zu sein und sie auf uns zukommen zu lassen, was uns gleichzeitig die Chance gab, nach möglicher Beute Ausschau zu halten. Aber leider entdeckten wir genauso wenig jagdbares Wild wie das Weibchen. Immer wieder stoppte sie, nutzte kleine Erhebungen, um die Umgebung besser absuchen zu können. Aber nicht einmal ein Hase ließ sich aufspüren. Oloti war das alles egal, er hatte vermutlich nur den wunderbaren Duft des Weibchens in seiner Nase und folgte ihr weiterhin auf Schritt und Tritt. Nach ca. anderthalb Stunden näherten die beiden sich dem Talek River und wir suchten vorsorglich nach einer geeigneten Stelle, die die beiden wohlmöglich für eine Flussüberquerung nutzen würden. Doch dann legte Nora sich in hohes Gras und Oloti verschwand neben ihr im Grasgewirr. Sie waren noch ca. 300 Meter vom Talek River entfernt. Nachdem die beiden sich hingelegt hatten, sendete ich Elena sogleich die neue Position. "Okay, thank you." Was there a mating? What noise is the male making? Are you still with them? " Elena war nach wie vor aufgeregt und mautzte in das Telefon, um herauszubekommen, welche Geräusche der Kater machte. "I will be there soon!", beendete sie das Gespräch. Wir hatten die Geparden kurz nach 13 Uhr aufgespürt, inzwischen war es nach 16 Uhr und viele Safarifahrzeuge starteten ihre Abendpirschfahrt. Wir befanden uns ganz in der Nähe des Kananga Camps, es war also absehbar, dass innerhalb kurzer Zeit mehr Fahrzeuge anwesend sein würden. Die Geparden waren, nachdem sie sich hingelegt hatten, zum Glück kaum noch zu sehen. Das Gelände rund um sie herum war sumpfig und nass, so dass wir gar nicht erst versuchten, ihnen näherzukommen, sondern einfach nur ihre Position im Auge behielten. Andere Fahrer, die die beiden noch nicht wirklich gesehen hatten, versuchten ihr Glück und versenkten ihre Land Cruiser hoffnungslos im sumpfigen Untergrund. Interessanterweise ließen sich die Geparden nicht von den aufheulenden Motoren und den Bergeversuchen beeindrucken und verharrten in ihrem Versteck. Dann klingelte mein Handy. "I'm now on my way to Kananga Camp and can see some cars. Is it where I have to come?" "", fragte Elena, und ich erklärte ihr, wie sie am besten anfahren konnte, ohne ihren kleinen Suzuki zu versenken.
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![]() Kurze Zeit später stand Elena neben uns und war immer noch komplett aufgelöst. Natürlich hatten Silke und Falk sich eine Wissenschaftlerin, die schon seit etlichen Jahren in der Mara das Verhalten der Geparden studiert, ganz anders vorgestellt, aber Elena war eben auch eine ganz spezielle russische Wissenschaftlerin vom Moskauer Zoo. So die Hintergründe, mit denen wir sie vor vielen Jahren kennengelernt hatten. Für uns war sie ein sehr bedeutender Kontakt, der immer gerne sein Wissen mit uns teilte. Wir hingegen revanchierten uns mit unseren Sichtungen, Beobachtungen, Bildern und Gepardenpositionen, so oft wir konnten. Am Ende konnte ich kaum glauben, dass es das erste Mal war, dass wir ein ausgewachsenes Geparden Männchen und ein Weibchen zusammen beobachten konnten, auch wenn es keine Paarungen gab! Im Gegenteil, die beiden Raubkatzen hatten sich in ein fast sumpfiges Gebiet, umgeben von hohem Gras zurückgezogen und abgelegt. Nur hin und wieder war einer ihrer Köpfe zu sehen. Elena versuchte sogleich, Tonaufnahmen von den beiden Geparden vor ihr zu bekommen, und wir gaben ihr nur noch kurz zu verstehen, dass wir in der Nähe blieben, aber auch etwas Abstand zum inzwischen entstandenen Fahrzeuggetümmel haben wollten. Weshalb wir kurzerhand runter zum nahen Talek River fuhren, um uns an seinem Ufer zwischen einigen Masai und ihren Ziegen erst einmal die Beine zu vertreten.
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Noch immer hoffte ich, dass die Geparden ebenfalls zum Fluss herunterkommen würden, aber diesen Gefallen taten sie uns an jenem Tag nicht mehr, und so entschlossen wir uns zu unserem wohlverdienten Sundowner. Den Drink in der Hand, die untergehende Sonne vor uns und am Horizont einige Elefanten im Abendrot - genauso sollten die Tage in Afrika zu Ende gehen. Als die Sonne schon am Horizont verschwunden war, fuhren wir zurück zu Elena und den Geparden. "I will be the last car here. Because the other Land Cruiser will disturb the cheetahs. But with this little Suzuki and this ground, it's a bit tricky. Are you good with this area and will you stay with me here so long as all cars have gone? Wollte Elena wissen, ob wir sie bis in die Dunkelheit unterstützen würden." Obwohl sich die Geparden nicht rührten, blieben wir natürlich gerne. "Wird lustig gleich am Gate, aber das kann Elena klären, die muss auch nach Talek rein!", erwähnte ich so nebenbei. Als dann endlich auch der letzte Land Cruiser den Ort verlassen hatte, brachen auch wir auf. Für uns war es der letzte Tag in der Mara und ich hätte diese Gepardengeschichte gerne noch ein wenig länger verfolgt. So aber fuhren wir nun, verfolgt von Elena, zurück nach Talek. Am Ol Kiombo Gate bedurfte es zwar einiger klärender Worte, aber dann konnten auch wir passieren. Wir verabschiedeten uns noch kurz von Elena und dann fuhren wir natürlich mal wieder viel zu spät zum Aruba Camp.
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Am Ende hatten wir es geschafft, nicht einmal geduscht und pünktlich zum Dinner zu erscheinen. Genauso wenig wie wir es schafften, rechtzeitig schlafen zu gehen. Immer noch fand sich ein neues Thema und Silke konnte selbst nach 12 Stunden Pirschfahrt im Busch und mehreren Stunden vor dem Zelt nicht einsehen, warum denn so ein Tag irgendwann zu Ende war. Aber das kannten und liebten wir ja auch so an ihr … Also: Ich liebte es, Petra und Falk mochten auch kürzere Tage. Zum Glück ging es ja nun, wenn auch mit kleinen Abstechern, erst einmal in Richtung Küste. |